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Kunstberichte
Das Essl Museum Klosterneuburg zeigt "Festival der Tiere. Eine Ausstellung für Kinder"

Copyschwein und Löwenzebra

Fühlt 
sich sauwohl auf einem Kopierer: Paul McCarthys "Mechanical 
Pig" (2005). Foto: Mischa Nawrata/McCarthy

Fühlt sich sauwohl auf einem Kopierer: Paul McCarthys "Mechanical Pig" (2005). Foto: Mischa Nawrata/McCarthy

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Nicht der Bär ist los im Essl Museum, wohl aber Schweine, Hühner, Pferde oder so manches Mischwesen. Erich Kästners "Konferenz der Tiere" ist zur Ausstellung "Festival der Tiere" geworden. Demokratisch erstellt von einem Team um Andreas Hoffer und Mela Maresch, entstand in Zusammenarbeit mehrerer Schulgruppen und mit Kindern aus dem Umfeld der Mitarbeiter eine erste große Kinderschau, in der auch Erwachsene willkommen sind.

Für die jungen Kuratoren gewann Objektkünstlerin Deborah Sengl mit ihrem Löwenzebra das Ranking bei der Auswahl aus der Sammlung des Hauses. Gleich zwei weitere Werke der Künstlerin finden sich unter den ersten zehn. Die Favoritin empfing die Kinder auch im Atelier neben ihren Kollegen Alois Mosbacher und Martin Praska.

Tiergötter für Kinder

Von rund 150 Werken der Essl-Sammlung mit Tiermotiven, beginnend mit Herbert Boeckl und Ludwig Heinrich Jungnickel, sind nun 60 ausgestellt. Dabei zeigen sich, neben Maria Lassnig, Christian Ludwig Attersee, Georg Baselitz und Katrin Plavcak, auch die Gugginger Künstler als durchaus tierfreundlich. Vielleicht, weil Künstler doch oft gerne in die eigene und in die Kindheit der Menschheit zurückblicken?

Die ödipale Sphinx der Psychoanalyse wird hier für die Erwachsenen zwar nicht bemüht, aber ein Raum führt in die Kunst der Aborigines nach Australien. Sie hängt in einer Wüstenhöhle in tiefem Orange und zeigt die Urform einer engen Verbindung zwischen Mensch und Tier. Ohnehin sehen heute, wenn überhaupt, nur noch Kinder Tiergötter, oder sie benennen das Pferd von Daniel Richter als heroisches Wesen "Schneller Blitz", das von einem Eulenmann gerettet wird, während böse Hunde es angreifen. Ein Mehr an Sehen macht aus einer Weide die "Augenweide" mit Gras und Gatter voller Tierbilder an der Wand.

Kunsthistoriker bekamen von den Kindergruppen die Anregung, eine Sektion mit der Suche nach "Das Tier in mir" zu benennen. Damit die Verwandlung gelingt, hat Sengl für Kinder T-Shirts und Masken entworfen. Auch auf einer kleinen Aussichtsplattform finden sich, wie überall im Bereich der Schau, Hefte mit Beschreibungen der Werke. Für Blinde und des Lesens noch Unkundige lesen Kinder in einem Video ihre Bilderläuterungen auch vor.

Bilder reihen sich neben Objekte, wie Paul McCarthys lebensgroßes "Mechanical Pig" von 2005, das für die Kinder eine Überraschungsgeschichte erzählt. Das vom Stall in ein Büro gewanderte Spanferkel hat an Kabeln geknabbert und ist dabei müde geworden und am Drucker eingeschlafen. Es sei auch nicht schmutzig, sondern sauber und ganz fleischig und hätte eine Menschenzunge. Hier wird Kunst wieder zur Zauberei zwischen den Welten wie in der Urzeit. Die kleinen Schamanen machen es möglich, und Erwachsene dürfen sich hinter Fantasie oder Tierliebe tarnen.

Wohnhöhle und Gruselkeller

Anregungen gab es durch Vorgängerausstellungen im Sprengelmuseum in Hannover und im Salzburger Museum der Moderne. Zwei der Themenkreise in den besonders inszenierten Räumen haben die Kinder allein bestimmt, überall stehen ihre Kommentare an der Wand und in den letzten beiden Kojen gibt es viel Information und ein kleines Atelier für junge Besucher zum Malen.

Die Bilder wurden nicht nur tiefer gehängt, was schon Andy Warhol in seiner Ausstellung für Kinder um 1965 einführte, sondern es wurden auch Tribünen, kleine Wiesen und Sitzpolster integriert. Das Museum ist eine Wohnhöhle oder ein Spielzimmer geworden, und die Black Box birgt kein Kino, sondern ist ein mit Taschenlampen zu erkundender Keller, in dem unheimliche Motive von Alfred Kubin, Hans Fronius oder Tilo Baumgärtel hängen und ein Spinnenobjekt erschreckt.

Draußen schreiben Künstler wie Paul Flora und Louise Bourgeois über Metamorphosen von Tieren in Monster, von oben brüllt Sengls Zebralöwin, an der Wand hat die Künstlerin das Sammlerpaar Essl mit Eichhörnchenkopf dargestellt. Wer sammelt, hat eben viele Tiere. Und obendrein das Wissen, die Besucher der Zukunft anzusprechen.

Aufzählung Ausstellung

Festival der Tiere
Mela Maresch, Andreas Hoffer und Kindergruppen (Kuratoren)
Essl Museum Klosterneuburg
bis 21. August

 

Printausgabe vom Freitag, 04. März 2011
Online seit: Donnerstag, 03. März 2011 16:54:00

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