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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
24. Juli 2009
16:33 MESZ

Edgar Degas: "Danseuse au repos", mit 37 Millionen Dollar die teuerste Pastellzeichnung weltweit.


Fixe Größe Zeichnung
Messemacher wittern ein vielversprechendes Entwicklungspotenzial für das Segment vonArbeiten auf Papier

Er habe lediglich fünf Minuten an jener Zeichnung gearbeitet, wird Pierre-Auguste Renoir in der Kunstgeschichte zitiert, aber sechs Jahrzehnte gebraucht, um exakt an diesen Punkt zu gelangen. Liebhaber der Zeichenkunst schätzen die Aspekte der Unmittelbarkeit, der Leichtigkeit und Feinheit, rühmen die darstellerische Zurückhaltung zarter Umrisslinien, sparsam eingesetzter Schraffuren und Lavierungen.

Als Mittel des Studiums und Entwurfsbehelf fungiert sie nicht nur als Momentaufnahme technischen Vermögens, sondern erzwingt zeitgleich eine Reduktion auf das Wesentliche der Wahrnehmung. Dort, wo der Malerei technische Grenzen gesetzt sind, sie erstarrt, überzeugt die Zeichnung mit qualitativem Verve und stiller Eleganz. Von ihren Anfängen als Felsgraffiti über ihre Bedeutung für die Buchmalerei des Mittelalters, der Hochblüte in der Renaissance und im Manierismus, dem Impuls von Buntkreide und Pastellfarbe im 18. Jahrhundert bis zur Verwischung der Grenzen zur Malerei ab dem Ende des 19. Jahrhunderts begleitet dieses Medium die Kunstgeschichte wie kein anderes.

Und doch wird sie öfter als Mitläufer wahrgenommen denn als eigenständige Kunstgattung. Völlig unberechtigt, wie mehrere Sammlergenerationen belegen.

Auf dem Kunstmarkt ist sie - zusammen mit Pastellen, Gouachen und Aquarellen der Sparte "Arbeiten auf Papier" zugeordnet - eine fixe Größe. Trotzdem der Anteil am weltweiten Umsatzkuchen seit Jahrzehnten nicht die 15-Prozent-Marke überschreitet, ist die Nachfrage konstant und deutlich weniger Schwankungen ausgesetzt als ganze Epochen.

Das Preisgefüge ist fühlbar moderater, beginnt schon bei 500 Euro und steigt bis zu sieben-, ja achtstelligen Beträgen. Die Auktionsbranche liefert die durchschnittlichen Verkaufspreise der traditionellen Sammlernationen: In Frankreich wechseln 50 Prozent der Kunstwerke für weniger als 600 Euro den Besitzer, in London liegt der durchschnittliche Zuschlag bei etwa 1200 Euro, in New York bei rund 1650 Euro. Wertmäßig überzeugt die Stabilität bzw. eine steigende Tendenz: 2005 nahm die amerikanische Kunstpreisdatenbank Artprice dieses Segment ins Visier und errechnete mit 14,6 Prozent eine deutlich höhere Wertsteigerung gegenüber Malerei (neun Prozent) und Skulptur (8,1 Prozent).

Im Windschatten des Hypes gewann zuletzt auch die zeitgenössische Zeichnung an Bedeutung. Allein zwischen 2006 und 2008 verdreifachte sich die Anzahl jener Arbeiten, für die im Auktionssaal mehr als 100.000 Dollar bewilligt wurden. Läppisch, im direkten Vergleich zu den höchsten Preisen dieser Sparte, die allerdings nicht den Alten Meistern, sondern der Moderne vorbehalten sind. An der Spitze liegt Pablo Picasso (1988: Acrobate et jeune Arlequin, Gouache 1905; Christie's, 38,13 Mio. Dollar) gefolgt von Edgar Degas (Danseuse au repos, Gouache 1879, Sotheby's: 1998 28 Mio. Dollar / 2008 37 Mio. Dollar).

Ein durchaus lukratives Segment, für das Messeveranstalter verstärkt Entwicklungspotenzial wittern: Neben dem Debüt der am etablierten Salon du Dessin orientierten Art Albertina - sie findet zwar nicht wie ursprünglich vorgesehen in der derzeit als Ersatzdepot dienenden Basteihalle im Untergeschoß, sondern in der Beletage statt - hebt die TEFAF (The European Fine Art Fair) ab 2010 nun auch die Abteilung "Arbeiten auf Papier" aus der Taufe.

Insofern hatte der Standort München eine Vorreiterrolle. Dort wurde die Kunst Messe München bereits 1998 um diese Sektion erweitert. Die Anzahl der Aussteller sei mit wenigstens 16 auch repräsentativ gewesen, in Spitzenzeiten hätten sich 27 Spezialisten dafür angemeldet, schildert der ehemalige Messevater Peter Henrich.

Die Resonanz der Besucher sei sehr positiv gewesen, die der Anbieter wechselhaft. Aufgrund des niedrigen Preisgefüges und damit verbundenen geringen Gewinnspannen benötigen diese Spezialisten deutlich mehr Geschäftsabschlüsse als manch anderer Händlerkollege. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 25./26.07.2009)

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