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Es mag zu spät sein, aber es geht los!

Sie kam, sah und kurbelte in Sachen Kulturhauptstadt: Bürgermeisterin Hilde Zach. Von Skeptikern ließ sie sich am Dienstag Abend nicht einbremsen.

INNSBRUCK. "Ja, es war ein Schnellschuss von mir", bekannte Hilde Zach ("Für Innsbruck") anlässlich des "Langen Tischs II - Stadtperspektiven" im Kunstraum. Das Thema der Diskussion unter der Leitung des Politologen Anton Pelinka war aus aktuellem Anlass geändert worden.

Mit ihrer Idee, Innsbruck als Kulturhauptstadt 2009 ins Rennen zu schicken, hatte die Bürgermeisterin Anhänger wie Skeptiker verblüfft. "Die Sportbegeisterten haben mir gleich ordentlich eine auf den Deckel gegeben. Wenn die dagegen sind, okay, wenn ihr Kulturleute aber sagt, das ist ein Topfen, weil es von der Zach kommt, dann ist die Sache beerdigt, bevor sie heraußen ist."

Erstmals gab Zach auch Einblicke in die Entstehung ihrer Vision. Die Salzburger würden ihre Bewerbung eventuell zurückziehen. Da habe sie sich für Innsbruck Außenseiterchancen ausgerechnet. "Natürlich drängt die Zeit. Wir müssen bis 15. September fertig sein, aber es ist ja nicht notwendig, dass wir dicke Bücher abliefern, die liest ja ohnehin keiner." Sollte Salzburg doch noch in den Ring steigen, hätte Innsbruck bis dahin nicht zu viel investiert.

Das wird nicht passieren. Die Salzburger haben sich bereits aus dem Rennen genommen. Ein ablehnender Beschluss im Stadtsenat ist gefallen, die Bestätigung durch den Gemeinderat am 7. Juli Formsache.

Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SP) quittiert Innsbrucker Ambitionen mit spontanem Lachen: "Wir haben uns nicht nur zurückgezogen, weil wir das Mozartjahr 2006 haben, das ein organisatorischer und finanzieller Overkill wird. Es ist eine Tatsache, dass man unter Investitionen von 70 Millionen Euro zum Titel Kulturhauptstadt nicht einmal hinriechen kann", so Schaden.

Bei den jüngsten Finanzausgleichsverhandlungen mit dem Bund sei ihm angesichts der Kürzungen die Lust an Großprojekten vergangen. Graz habe noch 500.000 Euro von der Europäischen Union für Kulturhauptstadt-Aktivitäten erhalten, 2009 werde dieser Betrag auf die Hälfte reduziert.

Die geringen Mittel, die von der EU und dem Bund zu erwarten sind, veranlassten Treibhaus-Chef und Berufszyniker Norbert Pleifer zu einer Anregung: "Wenn wir eh alles selbst zahlen müssen, ernennen wir uns eben 2009 selbst zur Kulturmetropole."

Er sei jedenfalls für Zachs Vorschlag, schließlich jähre sich 2009 zum 200. Mal die Schlacht am Bergisel. Das internationale Thema des Events stehe somit auch schon fest. "Unser Norbert Hofer", konterte Zach. Die Missionarin hatte an diesem Abend sichtlich keine Zeit für Diskussionen mit ihrem liebsten Reibebaum.

"Frau Silvia Eiblmayr", wollte sie von der Leiterin der Taxisgalerie wissen, "wie lange im voraus planen Sie ihre Ausstellungen?" Diese erklärte, es handle sich um eineinhalb bis zwei Jahre. Zach: "Dann brauchen wir einen Künstler aus der EU, aber schnell muss es gehen, denn Sie wissen ja, der 15. September."
Eiblmayr stellte klar, nur eine Arbeitsgruppe mit den Besten aus Politik und Kultur könne die "Kulturhauptstadt" noch retten.

Die Grüne Landtagsabgeordnete Uschi Schwarzl erklärte, es sei typisch für Zach, plötzlich mit einer Idee daherzukommen. Zuerst würde niemand informiert, dann sollten alle Vorschläge machen. Zahlreiche Kulturschaffende zeigten sich besorgt, kleine Initiativen könnten durch den Megaevent unter die Räder kommen. Alle sollten Vorschläge machen, so Zach. "Der Pleifer, der Günther Dankl vom Museum..." "Aber zu laut darf es nicht sein!", warf Pleifer ein. Und murmelte: "Schnapsidee. Ich mache keine Vorschläge."

Der Abend endete erfolgreich: "Wir sind uns einig. Es mag zu spät sein. Aber wir probieren’s. Jetzt geht‘s los", sagte Pelinka. Eine Initiativgruppe wird gegründet, die sich im Kunstraum trifft. Bis Ende Juni werden Vorschläge angenommen, im August soll das Konzept stehen.
2004-06-24 07:45:07