Quer durch Galerien
Der Fuß: offensiv olfaktorisch
Von Claudia Aigner
Nein, der Götz Bury hat kein frühkindliches
Schweizer-Käse-Trauma, weil er etwa als kleiner Bua unvernünftiger Weise
die Frage gestellt hätte: "Papa, wie kommen denn die Löcher in den Kas?"
Und weil er dann auf Bildungsreise ins Emmental geschickt worden wäre und
die Buben in der Schweiz (im Wilhelm-Tell-Land) halt zu Männern werden,
indem sie ein bärtiger Eidgenosse an die Wand stellt, ihnen ein makelloses
Stück Käse auf den Kopf legt und sogleich mit der Armbrust oder mit einer
moderneren Handfeuerwaffe hemmungslos drauflosschießt - bis der Emmentaler
fertig ist. Obwohl der Götz also gar nicht am eigenen Leib erfahren
hat, wie der Käse zu seinen Löchern kommt, und obwohl er vermutlich nicht
einmal Zeuge davon geworden ist, wie die Schweizer auf ihrem Käse
Extrem-Minigolf spielen (was natürlich alles nur meinem pathologiebegabten
Hirn entsprungen ist), hindert ihn das freilich nicht daran, die
einfachste Art der Schweißfußzucht, nämlich zwei Gummistiefel, auf
"typisch schweizerische" Weise zu sabotieren. Denn in dieses
schweißtreibende Biotop für die offensiv olfaktorische, sprich stinkende
Spezies namens "Kasquargler" hat der Götz quasi eine Klimaanlage eingebaut
(die käsegelben Stiefel mit emmentalerischer Hingabe durchlöchert, sodass
das dampfende tropische Gummistiefelklima sogleich entweicht - passender
Titel: "Schnittkäse"). Genial primitiv. Noch dazu ist der Käsegeruch ja
tatsächlich mit dem kräftig würzigen Aroma humaner Füße seelenverwandt.
Kurzum: Beim Lang (Seilerstätte 16) geht es noch bis 18. Juli um die
Fortbewegungsextremitäten in jeglicher künstlerischer Form. Seine eigenen
beiden Aschenputtelorgane kamen auf der Herbergssuche übrigens an besagten
Emmentalerstiefeln vorbei und haben sie im Selbstversuch erfolgreich
getestet (Lang: "I bin a scho mit die Stiefel Zeitung holen gwesn"). Und
der Erwin Wurm, dessen Do-it-yourself-Skulpturen eine Symbiose mit dem
Spieltrieb eingehen, fordert zum kulinarischen Ungehorsam auf: "Gurkerl
per Fuß" (oder "bei Fuß"?), sich also Essiggurkerln zwischen die Zehen zu
stecken, wobei die anatomische Ähnlichkeit, geradezu Sympathie zwischen
Ersteren und Letzteren unleugbar ist. Dagegen ist Jürgen Messensees
archaisch ernster Fuß selbstgenügsam. Sozusagen introvertiert. Eine
bekömmliche Schau. Die Natur ist eine Kunstbanausin. Zumindest die
Fauna und der Winter gehen nicht sehr zimperlich um mit Kunstwerken, die
man ihnen anvertraut. Und Marder schauen sich Fotos sowieso mit den Zähnen
an. Dementsprechend naturverbunden, soll heißen erodiert und "vorgekostet"
sehen die "Open-Air-Bilder" von Marielis Seyler aus (bis 19. Juli in der
Galerie Gans, Kirchberggasse 4). Etwa ein riesiges Foto von einem
Vogelnest, das Seyler ihrem Garten zum Fraß vorgeworfen, draußen
überwintern lassen hat. Sie hat die Natur tatkräftig über die
Vergänglichkeit sinnieren und dem beschaulich melancholischen Foto den
letzten Schliff geben lassen. Ihre "Trampelbilder" betrachtet man gar wie
einen Gehsteig: mit den dreckigen Schuhsohlen. Berührend: Die Porträts
ihrer alten Mutter, die voller Schmetterlinge ist, den uralten Sinnbildern
der unsterblichen Seele (weil Schmetterlinge ja tatendurstig aus der
leblosen Puppe schlüpfen).
Erschienen am: 04.07.2003 |
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