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Sicheres Geschäft mit Hitler

Künstler Uwe Jäntsch betreibt "Gegenwartsbewältigung" - und eckt an

VON CHRISTA DIETRICH E-MAIL: christa.dietrich@vn.vol.at

Bregenz (VN) Ein Passant bringt es auf den Punkt: Das Hakenkreuz ist ein altes, positiv besetztes Symbol, es ist nur in die Hände des Falschen geraten. Ein Hakenkreuz prangt seit einigen Tagen an der Decke der Galerie Gregor K. in der Kirchstraße 12 in Bregenz. Es ist Teil einer Rauminstallation von Uwe Jäntsch und hat unter anderem dazu geführt, dass einige Leute die gesamte Aktion unter dem Aspekt der "Wiederbetätigung" überprüft haben wollten.

Der Vorarlberger Künstler Uwe Jäntsch ist ob dieser Reaktion nicht gerade erstaunt, aber einigermaßen konsterniert: "Das ist absurd." Jäntsch ist nicht nur als Zeichner und Filmemacher bekannt geworden, er ist auch ein Künstler, der sich vehement den Marktprinzipien widersetzt - nichts verdienen will mit seiner Arbeit.

Die Konsequenz der Egomanie

Als "Räume" (durchnummeriert und nun bei 24 angelangt) entwarf er Installationen an verschiedenen Orten (darunter Hamburg, Palermo, Wien), an denen meist auch ein kommunikativer Aspekt berücksichtigt wurde. Menschen - nicht selten Außenseiter einer leistungsorientierten Gesellschaft - konnten sich treffen. In Wien thematisierte er zuletzt die Egomanie, und der "Raum 24" in der Bregenzer Kirchstraße versteht sich als Fortsetzung der Wiener Arbeit.

Jäntsch: "Das Krasseste, das mir zu Egomanie einfällt, ist eben Hitler. Da führt es hin, wenn man die Kontrolle verliert oder den Boden unter den Füßen." Im Hinblick auf die stets zitierte Vergangenheitsbewältigung sieht Jäntsch seine Arbeit aber auch unter dem Aspekt der "Gegenwartsbewältigung".

Marketingstrategien

Es sei eine Kinderspielzeugausstellung. "Ich bin 1970 geboren und stelle fest, dass stets irgendwelche Moden aufgegriffen werden, um ein sicheres Geschäft zu machen, seien es die 30er- oder die 70er-Jahre. Ich habe das Jahr 1943 gewählt, mit Marketingsymbolen und mit dem Porträt des - verzeihen Sie den Ausdruck - größten Arschlochs der Welt."

Zu sehen sind harmlose Gegenstände des Alltags, eine Wärmeflasche, ein Feuerzeug, bunte Seifen. Verpackt in Folie sind sie mit dem Hakenkreuz oder dem SS-Zeichen versehen - als Marke. Außerdem gibt's verschwommene Hitler-Fotos als Maske. "Ich-Maske" heißen diese Dinge und man liegt, so Jäntsch auf diese Frage, nicht falsch, wenn man dabei einerseits die eigene Rolle überdenkt, andererseits aber auch daran erinnert wird, dass große Magazine mit dem Hitler-Konterfei auf dem Titel wieder ein Geschäft zu machen trachten.

Einige dieser Gegenstände sind inzwischen - nachdem die Scheibe des zentralen Galeriefensters kaputtgegangen ist - geklaut worden. Sie wurden in den letzten Tagen durch Fotokopien ersetzt, bevor die Ausstellung nun wieder so aufgebaut wird, wie sie ursprünglich konzipiert war.

Wien, dann Paris

Die Serie mit den Seifen plus Hakenkreuz-Logo wird demnächst in Wien ausgestellt und kommt nach Paris.

Jäntsch hat auch einen neuen Film fertiggestellt. Der Streifen mit dem Titel "Hotel Bube" ist 45 Sekunden lang. Egozentrik sei das eigentliche Thema. Zu sehen bekommt ihn jeweils eine Besucherin oder ein Besucher im Rahmen von Exklusivaufführungen auf einem Spitalsbett im düsteren Keller unter der Galerie. Zu erkennen ist ein Flugzeug, das Tropfen bzw. Tränen "abwirft", die schließlich zu menschlichen Köpfen werden.

Das Krasseste, das mir zu Egomanie einfällt, ist eben Hitler. Da führt es hin, wenn man die Kontrolle verliert.

UWE JÄNTSCH

Die Arbeit von Uwe Jäntsch ist in der Galerie Gregor K. (Kirchstraße 12) in Bregenz bis 3. August zu sehen. Der Film wird vom 1. bis 3. August, jeweils ab 22 Uhr gezeigt.

Sieht sich dem Vorwurf der Wiederbetätigung ausgesetzt: Galerist Gregor K. im "Raum 24" des Künstlers Uwe Jäntsch in Bregenz.




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