Video Still(leben) | |
"...und außerdem möchte ich noch gerne meine Familie grüßen lassen." |
Fast jeder sieht fern. Künstler genauso.
Viele bildende Künstler nehmen das Fernsehen sogar sehr bewusst wahr, weil
ja ein wichtiger Teil unserer visuellen Welt im Fernsehen stattfindet. Die
Bilder aus der Glotze sind so mächtig und steuern so sehr die
Wirklichkeit, dass sich Künstler seit Jahrzehnten intensiv mit diesen
Bildern beschäftigen. Das Thema "Fernsehen" ist ein Kunstgenre geworden
wie in der Alten Kunst zum Beispiel das Stillleben, stellt der Kurator der
Ausstellung, Joshua Decter, fest. Ausstellungsarchitektur Wenn man die Kunsthalle betritt, hat man das Gefühl, dass der Saal mit
der gewölbten Decke selbst zu einem begehbaren Fernseher geworden ist.
Trennwände aus aufblasbarem, halbtransparenten Kunststoffteilen, mit
bildschirmförmigen Durchblicken strukturieren den Raum. Die raffinierte
Ausstellungsarchitektur von dem Team veech.media.architecture ist
mit Videoarbeiten, Installationen, Fotografien und gemalten Bildern
bestückt.
Beispiele Die kanadische Gruppe General idea
hat riesige Wandtafeln aus lauter rechteckigen Porzellantellern
zusammengesetzt - diese Teller sind bunt gestreift in den Farben des
Fernseh-Testbilds. Teller für das TV-Dinner - Fernsehen als Entsprechung
zur US-amerikanischen Fastfood-Kultur. Auf einem Bild von Keith Haring
türmen Strichmännchen Fernsehapparate zu einer Pyramide, um die zwei
riesige nackte Mayagötter tanzen. Fernsehen als moderner Kult.
Kritisch, aber nicht zu sehr In der Ausstellung geht es bei weitem nicht nur um Kritik am Fernsehen
als manipulierendes oder verblödendes Medium. "Kunst sieht fern" soll
möglichst viele Aspekte des Themas auffächern. Selbstvergessen fernsehende
Menschen in ihrem intimen, häuslichen Bereich, fotografiert von Paul
Graham. Ein ausgestopfter Esel, dem Maurizio Cattelan ein altes
Fernsehgerät auf den Rücken gepackt hat.
11. September am TV Wie sich Fernsehen zur Realität verhält, das hat der Kurator Joshua
Decter am 11. September auf makabre Art selbst testen können. Von seinem
Balkon sah er aus nächster Nähe die Terroranschläge auf das World Trade
Center - parallel dazu beobachtete er das Ganze im Fernsehen. Was er mit
eigenen Augen sah, wollte er nicht glauben - aber auf dem Bildschirm
glaubte er es doch. Der Schock führte zu einer Verdrehung der
Wahrnehmung. Tipp Der Katalog zur Austellung Kunst sieht fern in der Kunsthalle Wien ist übrigens als Videokassette verpackt. | ||||||||