diepresse.com
zurück | drucken

26.04.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Ausstellung: Als Österreich zu wild für China war
VON JOHANNA HOFLEITNER
Maler-Gastspiel in Shanghai. Start der Ausstellungstournee "Neue Abstrakte Malerei aus Österreich".

Der Maler Herbert Brandl lächelte amüsiert, als er die Reaktion der jungen Shanghaier Handelsange stellten auf seine Bilder hörte: "Eine tolle Werbung für den österreichischen Fremdenverkehr!" Die österreichische Wirtschaftsdelegation, die Wolfgang Schüssel letzte Woche auf seiner mehrtägigen China-Reise begleitete, hätte das Statement gewiss erfreut - ist doch die vom Bundeskanzler höchstpersönlich im "Shanghai Art Museum" eröffnete Ausstellungstournee "Neue Abstrakte Malerei aus Österreich" ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Vertiefung der bilateralen Beziehungen.

Zugegeben: Herbert Brandl steuerte für diese Ausstellung, die noch in Peking sowie Xian und Guangzhou gezeigt wird, ein unglaublich effektvolles Berg-Bild bei: Vor blitzblauem Himmel taucht ein strahlend weißer Gebirgszug hinter einer saftiggrünen Anhöhe auf. Malerisch souveränst ausgeführt wetteifern Farben und Inhalte um physische Präsenz im Raum. Auch Brandls zweiter Beitrag lässt das Thema Landschaft nicht außen vor. Entlang von 17 dicht an dicht gehängten hochformatigen Leinwänden, die offensiv dazu einladen, Blick wie Fuß schweifen zu lassen, entwickelt sich ein eindrucksvolles farbiges Panoramabild, das Bergrücken und Wasserfälle ebenso assoziieren lässt wie wolkenverhangene Himmel und nachtschwarze Wälder.

Brandl ist einer von sechs Malern, die Kurator Edelbert Köb für die Schau "Neue Abstrakte Malerei aus Österreich" ausgewählt hat. Die Tournee ist aus Sicht des Gastgeberlandes insofern eine Sensation, als das offizielle China in Sachen kultureller Öffnung erst am Anfang steht. Bezeichnenderweise hat das für chinesische Verhältnisse als recht fortschrittlich einzuordnende "Shanghai Art Museum" bislang nur abgesegnete ausländische Positionen wie den Impressionismus gezeigt.

Dabei ist die verstaubte Titulierung eher ein Zugeständnis an die Nomenklatur des Gastgeberlandes, als dass sie - siehe Brandls Landschaften - einer künstlerischen Realität entspricht. Der ursprüngliche Titel "Neue wilde Malerei", den Köb im Sinn einer Überprüfung der jüngeren österreichischen Malereigeschichte vorgesehen hatte, wurde von den Gastgebern abgelehnt - als zu radikal und aufwieglerisch. Umgekehrt befindet sich die bis heute stark der Tradition verpflichtete chinesische Malerei seit zwei Generationen selbst in einem Prozess des Aufbruchs und der Pluralisierung, bei dem insbesondere der Abstraktion eine bahnbrechende Rolle zukommt.

Vor dem Hintergrund von Tradition und Öffnung erntete vor allem Erwin Bohatsch mit seiner lasierenden, oft wässrig vom Bildrand verrinnenden Malerei in erdig-luftigen Tönen, die wie ein Echo alter chinesischer Landschaftsbilder gelesen werden könnten, Beifall. Köb positionierte ihn im Zentrum des langgestreckten Museums - wie ein Bindeglied zwischen den körperhaft-gestischen, mehr an der Zeichnung als an der Malerei orientierten Bildtafeln Otto Zitkos und der farbkräftigen neuen Malerei von Gunter Damisch, der damit ein kräftiges Lebenszeichen von sich gibt.

Etwas problematisch dann die Hängung im Obergeschoß. Neben dem mächtigen Brandl-Block teilen sich Hubert Scheibl und Walter Vopava kontrapunktisch die Aufgabe des Schlusslichts: der kräftig-dunklen, fast schon arte-povera-ähnlichen Malerei Vopavas setzt Scheibl lichte Farbräume entgegen. Das von ihm in manchen Titel eingestreute "dot.com" legte den Shanghaiern eine Fährte Richtung medialer Gegenwart.

Wenig Bedeutung für das chinesische Publikum hatte Köbs kuratorischer Bezugspunkt: Er definierte die Schau als Überprüfung jener fünf Positionen, die Ulrich Loock 1986 in der Kunsthalle Bern und im 20er Haus in Wien unter dem Titel "Hacken im Eis" vorstellte und die so an die Spitze der internationalen Kunstwelt gespült wurden. Abgesehen davon, dass die Hacken-im-Eis-Gruppe durch Erwin Bohatsch und Walter Vopava ohnehin erweitert wurde, war die Ausblendung des als "heute zu grafisch" bewerteten Josef Danners unnötig - und sei es auch nur, um die Bandbreite zu zeigen.

© diepresse.com | Wien