Performative Künste | |
Unter dem Titel "Fokus 01" zeigt das Museum moderner Kunst
Schwerpunkte seiner Sammlung der 60er Jahre. |
Das Museum für moderne Kunst Stiftung
Ludwig öffnet nun nach längere Schließzeit wieder seine Pforten. Die
Eröffnungsausstellung im neuen Haus widmet sich den performativen
Kunstströmungen der sechziger Jahre wie dem Wiener Aktionismus, der
Fluxus-Bewegung, dem französischen Nouveau Réalisme und der Pop Art. Fluxus Unter dem Begriff Fluxus, der von George Maciunas geprägt wurde,
versammelten sich in Deutschland und den USA Künstler die danach strebten,
Kunst mit dem alltäglichem Leben zu verbinden. Wolf Vostell, Joseph Beuys,
John Cage und Arthur Köpcke kreierten künstlerisches Material, das sich
kaum in Produkten ausdrückte als vielmehr Szenerien schuf. Es handelte
sich um oftmals um triviale Objekte und Ideen die vom Publikum benützt
werden sollten. So finden sich in ihrem Repertoire Spiele,
Regieanleitungen, Partituren und verfremdete Musikinstrumente. Früher Paik
In nachhinein sind solche Happenings und Performances schwer zu
dokumentieren. Meist sind nur Video oder die Fotodokumente erhalten, die
ihm mumok neben zahlreichen Archivmaterial zu sehen sind. Das Frühwerk von
Nam June Paik dokumentiert die spektakulären Happenings der
Fluxus-Bewegung mit ihren Paradigmen der Instabilität, der Veränderung und
des Zufalls. Das "Klavier Integral" war über Jahre Bestandteil von Paiks
radikalen Aktionen und manifestiert seine Vision eines erweiterten
Musikbegriffes und einer neuen Auffassung von Skulptur. Die frühen
Experimente mit Fernsehen und Video machen Paik auch zum Begründer der
Medienkunst. Nouveau Réalistes Die Kunst der Nouveaux Réalistes benutzte Materialien des Alltags:
Schrottläden, Baustellen und Supermärkte wurden zum Fundort für Objekte,
die in einen künstlerischen Kontext überführt wurden, ohne jedoch ihr
Eigenleben, ihre Herkunft und Geschichte zu verlieren. Indem Christo
Konsumgegenstände verhüllte und so dem neugierigen Blick entzog,
ironisierte er die Produktästhetik der kommerziellen Warenwelt. Für den
Sammler Hahn inszenierte Daniel Spoerri ein Abendessen mit dem Ziel, die
verderblichen Überreste zum Kunstwerk zu erhöhen. Hahn ließ sich seine
Kunstsammlung vom Kölner Galeristen Schmela zusammenstellen, der auch
Fluxus Kunst ausstellte. Mit Raymond Hains "Décollagen", die abgerissene
Plakate zeigen, finden schließlich auch Relikte der Straße Eingang in die
Kunst. Pop Art Im Zuge der Gründung der Österreichischen Ludwig Stiftung im Jahr 1981
wurden Arbeiten der amerikanischen Pop Art in die Sammlung des mumok
integriert. Pop Art entstand als Reaktion auf die erdrückende Dominanz des
abstrakten Expressionismus bei amerikanischer Kritik und Publikum am Ende
der 50er Jahre. Robert Rauschenberg und Jasper Johns waren die ersten Maler die sich
vom Bildgrund ablösten und mit Stoffbändern, Trivalobjekten und dicken
Farbschichten die Bilder vom Tafelbildcharakter befreiten. Die sogenannten
"Combines" (Paintings) Rauschenbergs spielten mit der assoziativen
Zufälligkeit alltäglicher Bildmotive, der Überlagerung und
Gleichwertigkeit heterogener Elemente. Eine endgültige, fast aggressive Überhöhung einer banalen Ikonografie
der Massenkultur findet sich in den Werken der Pop Art, wo die Grenzen von
Trivial- und Hochkultur aufgehoben wurden. Die ungeschönte Realität und
ihre massenmediale Präsenz wird in den Siebdrucken Andy Warhols mit
schamloser Direktheit entblößt. Der Porträtierte erhält Warencharakter Mit Claes Oldenburgs Mouse-Museum besitzt das mumok eines der
humorvollsten Hauptwerke der Pop Art - eine begehbare Skulptur auf dem
Grundriß einer schematisierten Mickey Mouse. Darin finden sich triviale
Gegenstände des Alltags. Oldenburg präsentiert sie als "kulturelle
Topografie der USA". Wiener Aktionismus Der wohl wichtigste Beitrag Österreichs zur internationalen Avantgarde
der 60er Jahre ist der Wiener Aktionismus. Den Kern der Gruppe der Wiener
Aktionisten bildeten Günter Brus, Otto Mühl, Hermann Nitsch und Rudolf
Schwarzkogler. Bezüge gab es zu Arnulf Rainer und den Literaten der Wiener
Gruppe. Gemeinsam war allen Künstlern die Suche nach neuen Ausdrucksformen
jenseits des Tafelbildes. Es war eine Art verfrühte, hochpolitische, aber
in der Kunst stattfindende 68er Revolte, die gegen bürgerliche
Wertvorstellungen, die Fortsetzung von belasteten Nationalsozialisten in
Forschung, Lehre und Politik, sowie gegen das klerikale Klima in
Österreich antrat. Nicht zuletzt ging es um einen Enttabuisierung der
Sexualität.
Es zeigten sich aber schon bald Differenzen im künstlerischen
Ausdrucken der jeweiligen Protagonisten. Otto Mühl lebte in theatralischen
Aktionen groteske, komische und obszöne Momente vor. Günter Brus führte
zunächst einen informellen Malprozess weiter, den er dann mit
Selbstbemalung und Selbstverletzung auf den Körper übertrug. Nitsch
hingegen entwickelte über Jahrzehnte hinweg sein
"Orgien-Mysterien-Theater". Dort rezitierte er Opfertexte und bediente
sich des Fundus christlicher und mythologischer Formen. Das mumok hat die
gesamte 20. Malaktion die 1987 in der Wiener Secession in den ehemaligen
Hofstallungen des Museum Moderner Kunst neu inszeniert. Es ist eine der
wenig vollständig dokumentierten Malaktionen Nitschs. Tipp: Die Ausstellung Rebellion und Aufbruch ist im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien bis zum 26.
Oktober 2003 zu sehen. | ||||||
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