Nitschs Schüttbild im barocken Ambiente

Von Sabine Oppolzer


"Man glaubt, es wäre für diesen Raum, für diesen Palast gemalt," sagt Hermann Nitsch angesichts seines 6 mal 9 Meter großen 9-teiligen Schüttbildes, das sehr prominent auf der barocken Prunkstiege des Oberen Belvedere prangt. Das Gemälde aus Blut und Ölfarbe war vor der Eröffnung noch hinter weißen Tüchern verborgen, bei der feierlichen Enthüllung erzeugte es in dem originalen barocken Ambiente überraschende Effekte für Architektur und Malerei.

(Zum Vergrößern anklicken) / ©Bild: Heinz Cibulka
(Zum Vergrößern anklicken) / ©Bild: Heinz Cibulka
Entstanden ist das Werk als Bodenbild im Rahmen der 40. Malaktion, die Herrmann Nitsch als seine größte bezeichnet. Und passt seiner Meinung nach hervorragend ins Obere Belvedere, wo erst zu Jahresbeginn eine große Klimt-Schau mit über 300.000 Besuchern zu Ende gegangen ist.

Hermann Nitsch: Das große Bodenbild (Der Künstler in Aktion), 1997 / ©Bild: Heinz Cibulka
Hermann Nitsch: Das große Bodenbild (Der Künstler in Aktion), 1997 / ©Bild: Heinz Cibulka

Tradition des Jugendstils

Und Klimt ist auch einer jener Maler, die Hermann Nitsch ein Leben lang verehrt hat. Auch der Wiener Aktionismus habe seine Wurzeln im Sezessionismus, in der Kunst der Jahrhundertwende, sagt Nitsch.

Und auch Kuratorin Regine Schmidt sieht Hermann Nitsch stark in der Tradition des Jugendstils, und versucht den Künstler in die Sammlung des Oberen Belvedere zu integrieren. Schmidt: "Wir haben ein Gemälde von Oskar Kokoschka im Haus, den Herodot, da steht drauf: 'So treibt's die Menschheit, ich auch', und das ist vor barockem Hintergrund gemalt und bezieht sich auf die gesamte Menschheit und auch auf die Antike. Und diese Antikenrezeption findet sich schon bei Makart und Klimt und dadurch findet sie sich auch in der Anschauung bei Nitsch."

Endstation Zahnarzt

Hermann Nitsch / ©Bild: APA
Hermann Nitsch / ©Bild: APA

Mit seiner Idee eines Orgien- und Mysterien-Theaters, das Hermann Nitsch jahrzehntelang als kultische Handlung vorbereitet hatte und das 1998 in dem 6-Tage-Spiel in Prinzendorf gipfelte, gilt Herrmann Nitsch seit den 60er Jahren als umstrittene Künstlerpersönlichkeit. Hermann Nitsch selbst sieht das als ganz normales Künstlerschicksal, es sei immer so, dass Künstler erst anecken - und letztlich hängen sie in den Vorzimmern der Zahnärzte. Bei den Impressionisten ist mit Spazierstöcken auf Bilder losgegangen worden, oder Werke von Kandinsky wurden beschmutzt, das, so Nitsch, sei aber ein natürlicher Prozess. Und auch seine Arbeit rufe "Gott sei Dank" noch immer genug Proteste hervor.

Trotzdem denkt er mit Grauen an die Belagerung durch seine Gegner anlässlich des 6-Tage-Spiels in Prinzendorf. Er sieht seine theatralischen und malerischen Aktionen als Einheit. "Mein Thema ist die visuelle Grammatik meines Aktionstheaters auf einer Bildfläche. Bei der Aktion gehe ich hinaus in den Raum. Mit Blut, Fleisch, menschlichem Körper wird agiert, reale Geschehnisse werden inszeniert. Die Aktionsmalerei ist auch ein Geschehnis auf einer Bildfläche."

Regine Schmidt hat schon im Vorfeld der Präsentation ein Aufflackern der Kontroverse festgestellt. Gespannt ist sie jedenfalls auf die Reaktionen des Publikums.

Tipp:

Hermann Nitschs großes Bodenbild ist noch bis 29. April im Oberen Belvedere ausgestellt.

Link: Hermann Nitsch Homepage

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