Die Kunst des chirurgischen Blicks
WIEN (SN-eStro). So spontan das alles wirkt, so exakt und planerisch perfekt vorbereitet waren die Aktionen. Längst hat der österreichische Aktionismus der 1960er Jahre den Weg in die Kunstgeschichte gefunden, aber wer kennt die Namen der Fotografen, welche mit „Chirurgischem Blick“, wie der Ausstellungstitel heißt, die „wilden Hunde“ bei ihrer Arbeit festhielten? Der Grazer Kunsthändler Philipp Konzett zeigt in der Fotogalerie Westlicht in der Westbahnstraße in Wien seine Sammlung, die nicht nur Vintageprints, sondern auch Dokumente, Skizzen, Korrespondenz und Fotoabzüge der Wiener Aktionisten umfasst. Eine Offenbarung für Feinspitze, die sich für die Entstehung einer als Blut & Hoden-Kunst verschrieenen Kunst der Rücksichtslosigkeit interessieren. Mit dabei ist natürlich auch Günter Brus, der mit Manifesten („Befreit Euch von der Genitalpanik“) und Fotos seiner Aktionen bis zur Selbstverstümmelung für Schauer sorgt. Mit dabei ist auch Otto Muehl und der junge, bartlose Hermann Nitsch auf dem Weg zu seinem späteren Mysterienspiel. Besonders Rudolf Schwarzkogler, der 1969 nach einem Fenstersturz verstarb, löst schmerzhafte Schocks aus. Es mussten wackere Fotografen gewesen sein, die da mit nüchternem Blick ihre Zusammenarbeit mit den Künstlern abwickelten. Der wichtigste ist Ludwig Hoffenreich, der die Rezeption der „Wiener Aktionisten“ maßgeblich prägte. Walter Kindler fotografierte die Aktionen von Schwarzkogler, auch Heinz Cibulka und sogar Franz Hubmann fotografierten Kunst im Moment der Entstehung. (Bis 22. März).