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Illustration

Nie wieder Donuts!

(cai) In den Bananensplit gehört halt kein Fleisch. Am wenigsten mit Östrogen vollgepumptes. In diesem Fall ist das aber kein Fleischskandal ("Schnitzel im Dessert – Geschockter Vegetarier noch immer nicht ansprechbar", oder es hätte auch ein entflohener hormonbehandelter Laborwurm beteiligt gewesen sein können), sondern es ist eine Nebenwirkung des Testosterons. Kurz: eine Männerfantasie.

Mel Ramos garniert nämlich bevorzugt übergroße, meist essbare Markenprodukte und andere Speisen kokett mit Pin-up-Girls. So abwegig ist’s ja eh nicht. "Vernascht" man denn nicht auch in libidinösem Zusammenhang? Und sich mit einem Schokoriegel einzulassen, ist fast so fatal wie ungeschützter Geschlechtsverkehr. (Wieso hat also noch keiner das Zahnkondom erfunden, den gefühlsechten Gebissschutz aus Latex, der vor Karies bewahrt?)

Gern setzt Ramos den Playboy-Leibern prominente Köpfe auf. Uma Thurman posiert für eine Sprudel-Limonade. Rülpsen (wegen der Kohlensäure) ist vielleicht nicht der kleine Tod, aber auch eine Form von Spannungsabbau. Und wenn die Thurman ein Bäuerchen macht, könnte sie damit gewiss Sharon Stone synchronisieren. In der entschärften Version von "Basic Instinct". Der jugendfreien Hörspielfassung.

Das Nackerpatzl, das auf dem Schokodonut thront (der frappierende Ähnlichkeit mit einem Toilettensitz hat) und das den Hintern in die braune Soße tunkt, hat freilich was von einer Koprophagen-Fata-Morgana. (Das zu übersetzen, verbietet mir der Anstand.) Danke, Mel Ramos! Jetzt kann ich nie wieder einen Schokodonut essen! Na ja, wahrscheinlich rettet er mir damit das Leben. Transgene Fette sind ja schleichende Meuchelmörder. Die Ironie unterstellt man ihm eventuell nur. Doch selbst wenn das keine Persiflagen des "Sex Sells" sind: Alles ist so gschmackig gemalt, wer fragt da noch?!

Galerie Hilger

(Dorotheergasse 5)

Mel Ramos

Bis 2. November

Di bis Fr. 10 bis 18 Uhr

Do. 10 bis 20 Uhr

Sa. 10 bis 16 Uhr

Zum Anbeißen!

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Tortur der Langsamkeit

(cai) Für Hektiker (die bereits das supergemächliche Riesenrad im Prater für ein Foltergerät halten) sind die nix, die drei Extrem-Beschaulichkeits-Filme. Im ersten trocknet ein nasser Küchenboden in zermürbender Echtzeit. (Dagegen ist Warhols Schlaf-Voyeur-Streifen "Sleep" ein Adrenalin-Schocker.) Natürlich kann sich Angie Hicks nicht erwarten, dass da wirklich einer fasziniert zuschaut. Karø Goldt bietet da schon mehr. Rettet das Blumenstillleben ins digitale Zeitalter hinüber. Reduziert eine symbolische Blütenfolge (ausgehend von der Lilie der Unschuld) auf die reine Farbschönheit. Abstrakte Vanitas. Und Jutta Strohmaier beweist (im betrachterfreundlichen Zeitraffer), dass das Licht die Welt erschafft (wenn ihre Kamera über Tage ein leeres Zimmer anstarrt).

Fotogalerie Wien

(Währinger Straße 59)

Take Time & Relax

Bis 9. November

Di. bis Fr. 14 bis 19 Uhr

Sa. 10 bis 14 Uhr

Gemütlich.

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Ein Kamm für Buddha?

(cai) Nein, Jakob Gasteiger ist kein Buddhist (nur weil er seine Bilder kämmt wie ein Mönch des Buddha seinen Sandgarten). Dann wäre er ja neuerdings ein Zen-Meister des abstrakten Expressionismus, jetzt wo er nicht mehr so streng monochrom ist und sich vor dem Kämmen in bunten gestischen Flecken austobt. Das Hauptvergnügen beim Betrachten ist aber, trotz der ziemlich reizvollen malerischen Zutat, immer noch die bewährte sinnlich haptische Disziplinierung der Farbpaste, das rhythmische "Pflügen".

Galerie Mauroner

(Weihburggasse 26)

Jakob Gasteiger

Bis 18. November

Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr

Sa. 11 bis 16 Uhr

Was Handfestes.

Mittwoch, 18. Oktober 2006


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