Zum Vergrößern anklicken / ©Bild: springerin Zum Vergrößern anklicken / ©Bild: springerin

Ausstellungen 
   
   
  72  Ross Bleckner  Doris Berger  
    Bawag Foundation, von 13.12.1997 bis 21.01.1998
   
   
Die BAWAG FOUNDATION hat ihre neuen, amerikanisch anmutenden Räumlichkeiten mit einer Ausstellung des New Yorker Künstlers Ross Bleckner (geb. 1949) eröffnet. Zu sehen sind häuptsächlich Arbeiten der letzten Jahre. Dazu gehören sowohl die »Cell-paintings«, die Aids im metaphorischen Sinne thematisieren, als auch die Bilder verwischt wirkender Blüten über die farbige Punkte wie Lichter blinken. Diese Blumenmotive loten in ihrer gleichmäßigen Anordnung die Grenze zur dekorativen Malerei aus.

Ross Bleckners Werke oszillieren zwischen figurativer und abstrakter Malerei, der Reflexionen sozialer Inhalte zugrunde liegen. Weiters steht die Beschäftigung mit gemaltem Licht im Mittelpunkt seiner Arbeiten. Damit nimmt er die Malereitradition, vom Chiaroscuro Leonardos im 16. Jahrhundert bis zu den Impressionisten an der Schwelle zum 20. Jahrhundert, wieder auf. Ob nun die Lichteffekte in Bleckners Malerei in der Form von Punkten oder Linien sichtbar werden, ihm dient die Fotografie als Referenz. Dem optischen Apparat der Kamera wohnt in erster Linie das Festhalten von Licht und Schatten inne. Dieses strukturelle Grundelement verwendet Bleckner als Vorlage seiner Lichtmalerei. Dafür sammelt er Fotografien oder Zeitungsausschnitte verschiedenster Genres, die er in Notizbüchern aufbewahrt.

Eine Serie aus der Privatsammlung des Künstlers ist nun auch in dieser Ausstellung zu sehen. Leider im Untergeschoß. Ob dies als Zeichen der Hierarchisierung der beiden Medien zu deuten ist oder als Geste, daß seiner Malerei Fotografien zugrunde liegen, bleibt offen.

Die ausgestellten Fotos bestehen aus jeweils zwei Bild- und Textteilen der New York Times, die den täglichen Nachrichten von Katastrophen, Krieg und Hungersnot glitzernden Luxus in Form einer Werbeeinschaltung des Hauses Tiffany gegenüberstellen. Keine Fotomontage, sondern vorgefundene Zeitungsartikel – die Seite Drei der New York Times –, die er als Ready-mades verwendet, verleihen den Fotografien ihre inhaltliche Form. In diesen Arbeiten wird die strukturelle Gewalt, die von den Massenmedien transportiert wird, aufgezeigt. Deren Bloßstellung liegt in der ikonischen bzw. symbolischen Bezugnahme der beiden Bild- und Textteile aufeinander, die durch inhaltliche Entsprechungen in puren Zynismus zu kippen drohen. So ist eine mit Einschußlöchern beschädigte Mauer kristallförmig glänzenden Ohrklipps gegenübergestellt, die in die Schußlöcher passen könnten. Oder man sieht einen brennenden, folglich sinkenden Hochseedampfer neben einem sterlingsilbernen Kleeblattschlüsselbund, dessen Produktbeschreibung mit »Exceptionally Good Luck« eingeleitet wird.

Die Präsenz von Armut und Luxus, von Dunkelheit und Glanz und in letzter Konsequenz von Tod und Leben transponiert Bleckner bereits in den achtziger Jahren in seine Malerei. Das Leitmotiv, daß Dinge am meisten glänzen, wenn sie gerade dabei sind, zu sterben, bezieht sich auf inhaltliche und formale Aspekte der Werke, die auch in dieser Ausstellung nachvollziehbar sind. So wie im ästhetizierenden Glanz der Blütenbilder ein Ende der politisch korrekten Malerei anklingt, findet in den Fotografien eine inhaltliche Beziehung statt, die in ihrer Widersprüchlichkeit nachhaltig beeindruckt.
 
     

© 1997-99 springerin