Kunst aus Ghana und der Elfenbeinküste

Die neue Galerie der Stadt Linz zeigt Exponate von Afrikas Goldküste.
Von Andreas Wolf.


Für viele Europäer ist das kulturelle Erbe des schwarzen Kontinents, trotz (oder gerade wegen) des Safariurlaubs zum Nachsaisontarif ein weißer Fleck auf ihrer kulturhistorischen Landkarte geblieben. Die Ausstellung "Gold aus Afrika" in der Neuen Galerie der Stadt Linz versucht, diese Lücke zu schließen. Mehr als 200 Einzelobjekte geben einen Überblick afrikanischer Kunst aus Ghana und der Elfenbeinküste. Die Objekte umfassen im Wesentlichen den Zeitraum der letzten 150 Jahre. Einzelne Exponate datieren sogar 400 Jahre zurück.

Ashanti, königliches Collier
Ashanti, königliches Collier

Fantasievolle Pracht und meisterhafte Fertigung sind für die Region des westlichen Afrikas charakteristisch. Die sprachlich und kulturell eng verwandten Gesellschaften der Akan, Ashanti oder Baule haben sich gegenseitig an Formenvielfalt und Verarbeitungsqualität überboten. Neben eindrucksvollem königlichen Schmuck, formvollendeten Insignien und Zeremonialgegenständen, ist auch Schmuck des täglichen Gebrauchs zu sehen.

Reger Goldhandel

Im Siedlungsgebiet der Akan hatte Gold seit jeher eine große künstlerische und wirtschaftliche Bedeutung. Späterstens seit dem 7. Jahrhundert gelangte Gold von der Westküste Afrikas über Fernhandelsrouten durch die Sahara nach Norden. Reich geworden durch den Handel mit dem Edelmetall stiegen in der Region mächtige Staaten auf.

Als die Portugiesen 1471 an der Küste des heutigen Ghana landeten, setzte ein reger Handel mit den ansässigen Völkern ein. Gewehre, Stoffe, Metalle und diverse Luxusgüter tauschten diese gegen das im Inneren des Landes gewonnene Gold. Neben den Portugiesen errichteten später auch Briten, Franzosen und Niederländer befestigte Handelsstützpunkte. Die meisten Kunstgegenstände aus dieser Zeit wurden aus Legierungen gefertigt. Da für die Europäer nur der Metallwert zählte, wurden fast alle Objekte aus dieser Epoche eingeschmolzen.

Auch Kulturen verschmelzen

Baule, Schutzamulett, Republik Elfenbeinküste
Baule, Schutzamulett, Republik Elfenbeinküste

Europäische, aber auch arabische Einflüsse veränderten die traditionellen Motive und Materialien. Die ursprünglich sehr einfachen Formen von Gefäßen und Schmuckstücken mutierten während des 18. und 19. Jahrhunderts zu opulenten Verzierungen, feingliedrigen Mustern und kunstvoll gestalteten Repräsentationsgegenständen. Feine, von der altarabischen Schrift inspirierte Schriftmuster finden sich genauso wie mit Goldfolie überzogene Talismane mit Koranversen, zum Schutz vor bösen Geistern.

Die Europäer erweiterten die Formensprache der Akan vor allem durch die Nachbildung technischer Geräte und Alltagsgegenstände. Uhren, Brillen, Teekannen und Tropenhelme finden sich genauso, wie der symbolische Nachbau von Flugzeugen im 20. Jahrhundert. Anstatt der traditionellen samtenen Kopfbänder wurde auch der Kopfschmuck den Kronen europäischer Herrscher oder Hauben und Mützen von Soldaten nachempfunden.

Repräsentation der Macht

Ashanti, königl. Armreif, verziert
Ashanti, königl. Armreif, verziert

Amts- und Würdenträger wie Sprecher, Schwertträger oder Leibwächter unterstrichen ihren Status durch eine bestimmte Art der Kleidung und den ihnen zugeordneten Regalien. Die Kunst diente hier vor allem der Repräsentation von Macht, Status und Wohlstand. Einflussreichen Personen wurden zum Beispiel so viele reich verzierte, goldene Armreifen angelegt, dass die Arme durch Helfer gestützt werden mussten.

Eine besondere Stellung in der vor allem dem Diesseits zugewandten Kultur nahmen die aus einem einzigen Holzblock geschnitzten Zerimonialstühle ein. Sie waren das Privileg höchster Würdenträger. Die reich verzierten Hocker repräsentierten neben dem Zentrum der Gesellschaft auch das spirituelle Zentrum und den Sitz der Ahnenseelen. Das berühmteste Beispiel ist der "Goldene Stuhl" der Ashanti, der nach der Überlieferung vom Himmel aus übergeben wurde. Er ist die Verbindung der königlichen Macht mit den spirituellen Kräften. Gleichzeitig symbolisiert er die Nation der Ashanti und die Dauerhaftigkeit ihrer Kultur.

Die Kunst der Rhetorik

Baule, weibliche Holzfigur, vergoldet
Baule, weibliche Holzfigur, vergoldet

Ein weiter Aspekt der westafrikanischen Kulturen ist der hohe Stellenwert der Redekunst. Geschliffene Rhetorik verbindet sich mit einer möglichst bildhaften und metaphorischen Sprache. Die Wertschätzung für gute Redner schlägt sich auch in der bildhaften Übersetzung des gesprochen Wortes nieder. Tier- und Pflanzenmotive stehen für Stärke, Weisheit, Tapferkeit, Schönheit oder Geduld. Der Leopard zum Beispiel symbolisiert den Herrscher, das Stachelschwein den Krieger. Viele Darstellungen finden sich auch auf Objekten, die ursprünglich nicht afrikanischern Ursprunges sind, wie Zuckerdosen, Pulverfässern oder Gewehren.

Tipp:

Die Ausstellung "Gold aus Aufrika" in der Neuen Galerie der Stadt Linz ist von 15.2. bis 27.5.2001 zu sehen.

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