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Träum den „Darkstar“!

28.06.2007 | 18:13 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Sagen wir einmal...ich produziere Surfbretter. Als Einzige in ganz Österreich. Die Nachfrage für meine „Darkstars“ ist zwar überschaubar, dafür konstant und ihre Qualität weltberühmt. Auf keinem anderen Surfbrett würde man sich seinen letzten Drift durchs Weltall vorstellen wollen. In seinen Träumen.

Und eines Nachts, da scheine ich aus diesen nicht mehr aufgewacht zu sein. Denn plötzlich war ich so unzufrieden, wollte mehr, mich profilieren, mit heimischen Spitzensportlern und Politikern fotografiert werden und dicke Sponsorenverträge an Land ziehen. „Skier!“, durchfuhr es mich. Ich lebe in einer Alpenrepublik, also ab in den Keller mit den Surfbrettern und Skier aufs Fließband! Fahrräder? Warum nicht! Fußbälle, Tennisschläger, Golflöcher!

Wie im Wahn vergrößerte ich die „Darkstar“-Werkstätten, stellte neue Spezialisten ein, verlor die alten, orderte eine Image-Kampagne nach der anderen – und kam doch nur drauf, dass ich nicht nur die Skiproduktion in Österreich nicht erfunden hatte. Mein exklusiver „Darkstar“ war zum 08/15-Sternchen am Sportgeräteproduzentenhimmel geworden. Dann brach die Klimakatastrophe aus. Und ich wachte auf.

Seither grüble ich, welche verdrängten Erfahrungen ich in diesem wiederkehrenden Traum zu verarbeiten versuche. Fast verfolgt er mich schon so unheimlich wie die Klassische Moderne in den Bundesmuseen. Ein bisschen Altbestand hier, eine kleine Leihgabe da, eine größere Leihgabe dort, eine echte Schenkung weiterhin nicht in Sicht – Belvedere, Mumok, Albertina und seit letzter Woche auch du, Leopold Museum. Bald wird der neue Wien-Tourismus-Chef Emil-Nolde- oder Paul-Klee-Schnitzeljagden anbieten. Von einem „Darkstar“ zum nächsten.


almuth.spiegler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2007)


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