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Es wird mehr zugesperrt als eröffnet

In der Städtischen Galerie Schwaz geht eine Ära zu Ende: Der Wiener Galerist Martin Janda zieht sich zurück, ein neuer Leiter, eine neue Leiterin, wird gesucht

TT: Sechs Jahre lang haben Sie der Städtischen Galerie Schwaz Ihren Stempel aufgedrückt. Zeit für einen Wechsel?

Janda: Mein Vertrag endet im Juni 2005. Aber die Ausschreibung für meine Nachfolge läuft bereits und im September wird die Jury entscheiden. Ich bin an einem geordneten Übergang sehr interessiert, das Programm für die Galeriesaison 2005/06 möchte ich gemeinsam mit jener Person, die mir nachfolgt, erstellen.

TT: Ist die Zusammensetzung der Jury ein Indiz dafür, dass es in Ihrem Sinn weitergehen wird?

Janda: Ja schon. Der Jury gehören u.a. Peter Weiermair, Peter Baum, Peter Pakesch, Silvia Eiblmair und Andreas Braun an. Keine wirklichen Revoluzzer, aber absolute Garanten dafür, dass es in einem guten Sinn weitergeht.

TT: Sie wollten ja ganz bewusst bei der Jury nicht dabei sein.

Janda: Würde ich mitjurieren, würde ich unbewusst dafür kämpfen, dass es ganz in meinem Sinn weitergeht. Dabei bin ich fest davon überzeugt, dass es nach meinen sechs Jahren für die Galerie wichtig ist, dass jemand mit völlig anderen Ideen das Ruder übernimmt.

TT: Sie haben sechs Jahre lang ein sehr ambitioniertes Avantgardeprogramm gefahren, das naturgemäß nicht allen gefallen kann.

Janda: Schwaz hat ein breites Feld kultureller Institutionen und in diesem hat die Städtische Galerie ihren Platz. Das Rabalderhaus macht ein ebenso ambitioniertes Programm wie wir, aber auf die klassische Kunst fokussiert, während wir zeigen, was derzeit international passiert. So haben wir etwa Künstler gezeigt, die zwei Jahre später bei der Biennale waren. Das war spannend.

TT: Glauben Sie, dass Sie die Menschen erreicht haben?

Janda: Absolut. Wir haben ebenso viele Besucher wie das Rabalderhaus. Ich bin fest davon überzeugt, dass viele unserer Besucher durch unsere Ausstellungen einen ganz neuen Zugang zur zeitgenössischen Kunst gefunden haben. Dies ist nicht zuletzt das Verdienst meiner Mitarbeiterin Barbara Danzl, die eine hervorragende Vermittlungsarbeit geleistet hat, allerdings mit mir die Galerie verlassen wird.

TT: Trotzdem gibt es starke Strömungen in Schwaz, die das Programm der Städtischen Galerie zu avantgarde, zu abgehoben empfinden und sich deshalb einen Neuanfang in einem ganz anderen Sinn wünschen.

Janda: Das fände ich sehr schade, hat sich die Galerie in den letzten Jahren doch international einen Namen gemacht. Ich hoffe, dass BM Lintner weiß, was er an seiner Städtischen Galerie hat.

TT: ... und um vergleichsweise so wenig Geld hat.

Janda: Neben der Miete hat die Stadt jährlich 25.000 Euro investiert, der Rest der insgesamt 65.000 Euro kommt von Stadt, Bund und privaten Sponsoren.

TT: Wenn man sieht, wie wenig der Stadt allerdings das Haus der Völker wert ist, stimmt das nachdenklich.
Janda: Hier setzt die Stadt mir völlig unverständlich eine international verankerte Trademark aufs Spiel, anstatt sie mit allen Kräften zu fördern. In Schwaz bräuchte es halt eine integrative Person, die das in die Hand nimmt.
TT: Sie waren ja auch Mitglied des Schwazer Kulturbeirats, der kläglich gescheitert ist.

Janda: Wir haben uns wahrscheinlich zu viel vorgenommen, wollten wir doch mit einer ho-ruck-Aktion aus Schwaz das Zentrum der zeitgenössischen Kunst in Tirol machen. Unsere Lobby war offensichtlich zu schwach. Dass die Lobby für die Galerie stark genug ist, davon bin ich aber überzeugt. Worüber ich mir mehr Sorgen mache, ist Tirol. Als ich vor sechs Jahren hierher gekommen bin, fand ich eine lebendige Szene vor. Die Taxisgalerie, den Kunstraum Innsbruck, die Kunsthalle Tirol, das Landesmuseum, alles Institutionen mit sehr unterschiedlichen Ausrichtungen. Jetzt wird allerdings mehr zugesperrt als eröffnet, mehr zurückgenommen als vorgegeben wurde, werden, wenn man mit den Direktoren nicht zufrieden ist, die Häuser geschlossen.

TT: Dafür will Innsbrucker Kulturhauptstadt werden.

Janda: Und auch das ist ganz typisch. Für Festivals ist Geld da, für kontinuierliche Arbeit nicht. Aber wovon die Leute etwas haben, sind nicht große Events, sondern das Spüren von Haltungen.
2004-07-06 16:37:45