15.10.2003 20:27
Mit Angelina im Mohnfeld
Gute
Qualität allerorts, weniger Mut: Die neunte Gegenwarts- Kunstmesse "Kunst Wien"
im Museum für angewandte Kunst - Foto
Bis einschließlich Sonntag präsentiert sich die neunte
Auflage der Gegenwartskunstmesse "Kunst Wien" im Museum für angewandte Kunst
(MAK). Gute Qualität allerorts - die Messe gibt sich aber nicht mehr so mutig
wie in den vergangenen Jahren.
Wien - Über Ästhetik kann man lange reden, am Schluss zählt das
Geschäft. So schaut das aus. Rund 1000 Kunstwerke hat die Kunst Wien im Vorjahr
angeblich verkauft, 13.000 Besucher zählte die für Österreich wichtigste
Gegenwartskunstmesse. 61 heimische Galerien stellen auf zwei Stockwerken des MAK
aus. Für die 10. Auflage überlegt sich das Gremium, rund 40 Galerien, vielleicht
auch aus "dem Osten", dazuzunehmen. "Berlin flacht ab", meint Rosemarie
Schwarzwälder, die Leute seien hungrig auf Wien. Ein Manko heuer ist die absolut
zeitgleich mit Wien stattfindende Lifestyle-Kunstmesse "Frieze Art Fair". Manch
interessierte Sammler, aber auch bedeutende Händler wie Georg Kargl und Martin
Janda ziehen diesmal nach Lon- don. Meyer Kainer, in Wien mit toller
Präsentation vor rosa Zobernig-Wänden, so- wie Messe-Marathonläuferin Ursula
Krinzinger machen beide Messen. König/Wien fehlt ganz.
Vor zu großen
Neuerungen wäre man heuer angesichts der angespannten Wirtschaftslage noch zu
"verschreckt" gewesen, meint Galerist Ernst Hilger. Tatsächlich wirkt die "Kunst
Wien 2003" etwas konservativer, stark auf Verkaufbarkeit ausgerichtet. Kaum
sieht man Videos, mutige Onemanshows (Ausnahmen Otto Zitko bei der
Galerie3/Klagenfurt, David Moises bei Charim/Wien und Heinz Gappmayr bei
Lindner/Wien), sondern hauptsächlich figurative Malerei und - zögerlich -
Fotografie. Dabei hier, bei Rudolf Budja (Artmosphere), eine erotisch
angehauchte, von David LaChapelle in Szene gesetzte Angelina Jolie im Mohnfeld
(4500 €, 10er-Aufl.). Ein wenig Skulpturales findet sich, etwa als Bild-Objekt
"Mercedes" von Uhrturm-Verdoppler Manfred Wilfling (Alibert mit Mercedes-Lack,
bei Lendl/Graz um 2000€) oder das abstruse Objekt aus Plastikflaschen von Franz
Kapfer bei Hohenlohe & Kalb.
Viele Galerien setzen auf heimische
All-Time-Favourites. Allen voran Arnulf Rainer, der gleich durch neun Galerien
vertreten ist, besonders schön bei 422/Gmunden und Hummel/Wien. Hans Staudacher
ist achtmal im Rennen, dann kommen, mit sieben "Nennungen", Österreichs
Biennale-Venedig-Teilnehmer Bruno Gironcoli, gefolgt von Hermann Nitsch. Die
fotorealistischen Großformate von Martin Schnur, das Stück rund 4500 Euro, sind
auch gut im Rennen.
Eva Schlegels Antwort auf Thomas Ruffs Pornofrauen
sind ihre überlebensgroßen "Unscharfen Frauen", bei Krinzinger und Galerie
Edition Artelier. Wer Stillleben sucht, der bekommt eines für 800 Euro von
Beatrice Dreux bei Winter, der auch für 9000 Euro eine frühe Zeichnung von
Birgit Jürgenssen anbietet. Meina Schellanders Innere Frequenzen kosten ab 1500
Euro bei Walker/Klagenfurt.
In Graz-2003-Edition (7000 Euro, 36er-Aufl.)
von Artelier findet sich Jonathan Monks Schriftbild: Arnold Schwarzenegger
Stadium on fire. Ein Jugendfoto des Herrn Gouverneurs gibt's dann bei Faber
(Greg Gorman, 1988, 1850 Euro). Günstige Einsteigerpreise bieten etwa die
Erstaussteller layr:wüstenhagen/Wien oder der wie jedes Jahr perfekt inszenierte
Stand von Andrea Jünger/Baden. Dort kostet eine aktuelle Josef-Kern-Zeichnung
600 Euro.
Bei der ab Jänner 2004 geschlossenen Galerie Klaus Engelhorn,
dessen Galerie mit der von Kerstin Engholm fusionieren wird, überzeugen u.a.
Arbeiten von Doris Krüger. Einen Rekurs auf den STANDARD, bei ihm
Zeitung für partielle Leser, setzt Heinrich Dunst in seinem neunteiligen Werk
Standard I (Gal. nächst St. Stephan). Den besten Hinweis auf potenzielle Käufer
gibt aber das Duo Brener/ Schurz mit bewährt systemkritischer Kunst. Die Serie,
1250 Euro bei Knoll, heißt "Buy it, Generali Foundation".
(DER STANDARD,
Printausgabe, 16.10.2003)