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18.07.2005 - Kultur&Medien / Kultur News
Auktionen: Rekord-Fieber, stark erhöht
VON ALMUTH SPIEGLER
Auktionen International. Zeitgenössisches boomt, Alte Meister feierten Comeback.

Während in Österreich zeitgenös sische Kunst bei Auktionen noch immer das seltsam staubige Schlusslicht gibt, verwandelt die Gegenwartskunst die New Yorker und Londoner Auktionssäle zu immer wilderen Party-Zonen. In der ersten Hälfte des Jahres fielen die Rekorde derart stakkatoartig, dass sie fast schon redundant wirkten. Die Christie's Frühjahrsauktion für Nachkriegs- und Gegenwartskunst schloss mit einem Rekord-Erlös von 134 Millionen $ und 18 neuen Künstler-Höchstpreisen u. a. für Peter Doig, Thomas Demand, Elisabeth Peyton.

Am beliebtesten im Juni war dann die figurative britische Kunst: Francis Bacons Porträt seines Freundes "George Dyer staring into a mirror" erzielte bei Sotheby's den Top-Preis von 7,4 Millionen Euro. Lucian Freuds frühestes "Selbstporträt mit Feder" brachte 5,3 Millionen €, David Hockneys nackte, Tee trinkende Frauen von 1963 den Rekord von 2,6 Mio. € und das mit fünf Metern Breite größte Punkte-Bild Damien Hirsts beachtliche 753.000 €. Die Deutschen wie Gerhard Richter, Sigmar Polke blieben gut nachgefragt, der Höchstpreis für ein Werk von Georg Baselitz fiel mit 1,4 Mio. € für "Der Partisan" (1965) bei Christie's.

Auch die Gesamtumsätze der Londoner Zeitgenossen-Auktionen im Juni waren so hoch wie nie zuvor: Christie's führte mit rund 44,6 Mio. € vor Sotheby's mit 37,4 Mio. €. Ein Aspekt des aufgeheizten Markt sei, so die Auktionshäuser, das wachsende Engagement von asiatischen und russischen Sammlern. Dem entspricht auch, dass Christie's Ende Mai mit 127,3 Mio. $ den höchsten Gesamtumsatz einer Auktionsserie in Asien einfahren konnte, bei der mit 1,9 Mio. € für eine Arbeit des Malers Zao Wou-Ki der Rekordpreis für ein Werk bildender Kunst aus China etabliert wurde.

Impressionismus und Klassische Moderne - Highlight war heuer Brancusis "Vogel im Raum" (1922/23), der mit 21,2 Mio. € zur teuersten je auktionierten Skulptur wurde - müssen jedenfalls in jüngster Zeit immer mehr Platz machen, wie die Kunstmarkt-Info-Seite "artprice.com" zeigt: Gegenwartskunst verzeichnet seit Juli 2004 mit 17,4 Prozent die höchste Preissteigerung unter den Epochen. Die Alten Meister dagegen tun sich schwer. Die Dichte an erstklassiger Ware wird hier immer geringer. Und doch konnten die "Oldies" zu Saisonende ein überraschendes Lebenszeichen von sich geben: Obwohl über London gerade der Terror hereinbrach, konnten Sotheby's und Christie's Spitzenpreise erzielen. Eingeleitet wurde die Altmeister-Woche bei Christie's mit dem Rekord der Porträtzeichnung "Das Haupt Sankt Josephs" von Renaissance-Künstlers Andrea del Sarto. Mit rund 9,6 Mio. € behauptete sich die Studie als weltweit dritt-teuerste Altmeister-Zeichnung.

Höhepunkt der Woche aber war die Rekordschlacht, die sich die Auktionshäuser bei zwei Venedig-Veduten von Canaletto (1697-1768) lieferten. Erst meldete Christie's bei der Champalimaud-Auktion den Canaletto-Rekordpreis von 16,4 Mio. €. Am Abend darauf übertraf ihn Sotheby's mit 27,4 Millionen € für eine prototypische, fast 140 cm breite Canale-Grande-Ansicht des 18.-Jahrhundert-Stars. Der Trend zur Veduten-Malerei zeigte sich überhaupt klar: Bei Christie's ging eine Canale-Grande-Vedute von Guardi für 6,2 Mio. € weg, bei Sotheby's wurde ein Rekord für eine Venedig-Ansicht Luca Carlevajaris erzielt und auch Rom-Ansichten von Giovanni Paolo Panini und Antonio Joli waren begehrt. Insgesamt 154 Mio. € wurden zu Saisonabschluss also noch in Altmeister-Malerei investiert. Und um zum Schluss doch noch patriotische Gefühle anzusprechen - eine Alabasterbüste von Franz Xaver Messerschmidt brachte bei Sotheby's immerhin rund 1,6 Mio. Euro.

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