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Festival der Regionen
von
Silvia Nagl
Es ist egal, ob in Ottensheim oder New York
Der in Wien lebende Kärtner Martin Fritz (40) ist neuer Leiter des oö. Festivals der Regionen. Ein OÖN-Gespräch über Pläne für das Festival 2005.

OÖN: Können Sie Ihre wichtigsten kulturellen Stationen schildern?

Fritz: Ich habe immer an der Schnittstelle zwischen dem praktischen und theoretisch-konzeptionellen Teil von Kunst gearbeitet. Zehn Jahre in der freien Wiener Szene, u.a. bei Kurt Palms "Sparverein Die Unzertrennlichen". Ich habe Projektleitungen für Ausstellungen, u.a. für die Wiener Festwochen gemacht. Die letzten sieben Jahre war ich international tätig: in New York programmplanender Direktor im P.S.1 (=Ausstellungszentrum für zeitgenössische Kunst, Anm. der Red. ), dann bei der Expo 2000 in Hannover und bei der europäischen Kunstbiennale Manifesta 4.

OÖN: Eine beeindruckende Aufzählung internationaler Kunstzentren - und jetzt Ottensheim ...

Fritz: Egal ob Ottensheim oder New York: Wichtig ist, mit Menschen zu tun zu haben, die bereit sind, sich mit zeitgenössischer Kunst auseinanderzusetzen.

OÖN: Wenn Sie einem Freund aus New York kurz erklären sollten, was das Festival der Regionen ist: Was würden Sie ihm sagen?

Fritz: Das ist eines der größten, spartenübergreifenden zeitgenössischen Kulturfestivals in Österreich. Ein Festival, das versucht, die Grenzen zwischen künstlerischer, sozialer und politischer Praxis zu überschreiten. Und ein Festival, das in direkter Kommunikation mit dem Publikum versucht, Projekte umzusetzen.

OÖN: Ein neuer Leiter versucht zumeist, eine eigene Handschrift zu finden. Gibt es konkrete Vorhaben?

Fritz: Wenn man sich für etwas bewirbt, was einem gut gefällt, wird man nicht alles ändern! Und mir gefällt das Konzept des Festivals. Wichtig ist mir - dazu kann ich sicher beitragen - , dass mehr Publikum, vor allem internationales, kommt. Und dass auch in größerer Entfernung noch bewusst wird, welche Bedeutung dieses Festival hat.

OÖN: Wie wollen Sie mehr internationales Publikum erreichen?

Fritz: Vorerst einmal den Adressatenkreis der Ausschreibung, die es diesmal auch auf Englisch geben wird, erweitern. Und durch direkte Kontaktaufnahme mit Künstlern.

OÖN: Soll / wird das Festival auf die EU-Erweiterung reagieren?

Fritz: Das Schöne an der Kunst ist, dass sie sich schon lange vor der EU-Erweiterung mit der EU-Erweiterung beschäftigt hat. Da muss die Politik erst nachziehen. Es ist normal, dass ein Künstler aus Prag in Helsinki ausstellt, einer aus Laibach ein Stipendium in New York bekommt.

OÖN: Werden Sie in Ottensheim leben oder weiterhin in Wien bleiben? Fritz : Ich lebe in einer festen Beziehung in Wien, pendle deshalb zwischen Wien und Ottensheim. Derzeit versuche ich, das oö. Kulturleben kennenzulernen. Mein Vertrag läuft bis Ende 2005 - mit dem großen Interesse, weiter zusammenzuarbeiten.

OÖN: Sehen Sie es als Vorteil, wenn jemand Leiter eines Festivals ist, der nicht aus der regionalen Szene kommt? Fritz : Wichtig ist, die Außen- und Innensicht nebeneinander zu stellen. Anfänglich sehe ich es als Vorteil, nicht alle Interna zu kennen, und nicht zu wissen, wer sich vor 15 Jahren mit wem zerstritten hat. Ich glaube, solche Festivals brauchen immer wieder kritische Hinterfragungen von außen. Nur so kann Austausch passieren. Ganz unbekannt ist mir die oö. Szene aber nicht.

Außerdem: Ich wurde vor kurzem gefragt, was einen Kärntner befähige, Festivalleiter in Oberösterreich zu werden. Dazu eine Gegenfrage: Was befähigt einen Oberösterreicher, Landeshauptmann von Kärnten zu sein???!!?



OÖNachrichten vom 18.02.2004
 
   



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