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9.10.2002
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MEINUNG
Anfang
einer Karriere?
VON WALTER FINK
Wenn man von Kunst in Vorarlberg, speziell von Kunst
in Bregenz spricht, dann fällt unweigerlich der Name des
Kunsthauses. Hier spielt sich's ab, hier wird internationale Kunst
gezeigt, hierher kommen die Menschen auch aus anderen Ländern, um
Kunst zu sehen. Die erfreuliche Publikumsentwicklung im Kunsthaus
nährt diese Meinung - und verdeckt auch, daß es neben dem Kunsthaus
in der Landeshauptstadt noch andere gibt, die sich mit neuer Kunst
beschäftigen. Mehr sogar noch als das Kunsthaus, dessen Aufgabe
vielleicht auch nicht so sehr das Experiment ist. Im Künstlerhaus
bei der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Vorarlbergs und im
Magazin 4, im ehemaligen Pircherareal, findet Auseinandersetzung mit
den neuesten internationalen Entwicklungen in der bildenden Kunst
statt. Auch mit dem Risiko, dem Geschmack des Publikums etwas voraus
zu sein. Im Magazin 4 war das in der vergangenen Sommerausstellung,
als eine Dia-Dokumentation - übrigens höchst interessant - die
Ausstellungen der letzten zehn Jahre Revue passieren ließ, bestens
zu verfolgen.
Maßgeblichen Anteil am Stellenwert dieser Institution
haben nicht nur die künstlerischen "Väter" Wolfgang Fetz und Gerald
Matt, entscheidenden Einfluß hatte in den letzten Jahren auch die
Leiterin des Magazin 4, Judith Reichart. Nun war es nicht so, daß
man da vor jeder Ausstellung der letzten Jahre erfreut stand und den
Weg der neuen Kunst bewunderte. Da gab es durchaus auch Dinge bei
denen man sich fragte, was denn das soll, wohin eigentlich der Weg
der Kunst noch führen könnte. Und bei jeder Ausstellung, die solche
Gedanken hervorrief, gab es auch wieder Menschen, denen man den
nötigen Ernst zutraute, die das Gegenteil sahen, die dort in
Begeisterung verfielen, wo man selbst mehr oder weniger anstand.
Aber das ist durchaus üblich, das gilt für jedes Programm. Im
Gegenteil: Genau das zeichnet ein interessantes Programm aus.
Aufrecht bleibt, daß im Magazin 4 viel zur Diskussion gestellt
wurde, das der Diskussion auch würdig war. Judith Reichart ist nicht
nur Leiterin des Magazins, sie ist derzeit auch - neben dem
Bildhauer Christoph Lissy - Ankäuferin des Landes für bildende
Kunst. Diese Ankäufer werden in einem Rhythmus von drei Jahren von
der Kunstkommission bestellt und sollen - mit einem festgelegtem
Budget von etwa 700.000 Euro jährlich - das ankaufen, was in die
Sammlungen des Landes kommt. Diese Arbeit setzt viel
Verantwortungsgefühl und auch Sachkenntnis voraus, soll doch auf
diese Art die Sammlung des Landes mit vorwiegend Vorarlberger Kunst
immer weiter ausgebaut und mit jungen Künstlern ergänzt werden.
Anfang Oktober wird Judith Reichart Vorarlberg für
ein halbes Jahr verlassen - das Magazin 4 wird in dieser Zeit
umgebaut. Sie hat ein Stipendium des Bundes erhalten, in dessen
Rahmen sie als Kuratorin im Künstlerhaus Bethanien in Berlin
arbeiten wird. Das Bethanien, ehemals eine Diakonissenanstalt, ist
eine viel beachtete Einrichtung in einer Stadt, die sich anschickt,
nach Bundeshauptstadt auch kulturelle Hauptstadt Deutschlands zu
werden. Es verfügt über mehrere Ausstellungshallen und ein
entsprechendes Ausstellungsprogramm, vor allem hat es sich in den
Dienst junger Kunst und internationaler Kontakte gestellt. Ein
Programm, das durchaus auch den Intentionen des Magazin 4 in Bregenz
entspricht, ein guter Platz also, um bestehende Kontakte auszuweiten
und neue Erfahrungen für Bregenz nutzbar zu machen. Ein guter Platz
vielleicht auch, um einen Schritt nach vorne zu tun, einen Schritt
auch, der der Anfang einer weiteren Karriere sein könnte.
* * *
Die persönliche Meinung des Gastkommentators muss nicht mit jener
der Redaktion übereinstimmen. Auf Wunsch des Autors erscheint diese
Kolumne in der alten Rechtschreibung. |
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