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10.04.2002 - Ausstellung
Babylonischer Größenwahn
70 Künstler, Architekten arbeiten im Wiener Künstlerhaus zwei Monate lang an ihren Ideen zum Thema "Mega" - geistige Mitarbeit ist erwünscht.
VON ALMUTH SPIEGLER


Bodenlos scheint das Thema, über das Wort "bodenlos" - mit Schablonen und Schwefelpulver quer über das Trottoir geschrieben - betritt man auch die neue Ausstellung im Wiener Künstlerhaus und trägt so den Geruch des Teufels an seinen Schuhsohlen mit in die Hallen. Hoffentlich bringt das in diesem Falle Glück, denn das Erdgeschoß des Hauses ist eine geschäftige Baustelle. Da wird geschraubt, gebohrt, gestapelt, - und das soll sich die kommenden zwei Monate auch nicht ändern. Denn "Mega: Manifeste der Anmaßung" soll die gewohnte Form einer Kunst-Präsentation sprengen.

Hier pulsiert ein Mittelding zwischen Ausstellung und Symposium, sorgt bei Besuchern für babylonische Verwirrung, aus der doch Fruchtbares entstehen kann.

Eine unüberblickbare Schar von 70 Architekten und Künstlern aus Österreich und besonders den benachbarten EU-Beitrittsländern tobt sich hier über die sonst so engen Grenzen ihrer Disziplin hinaus aus - schafft so genannte experimentelle Architektur.

Jeder bekam eine kleine Parzelle zugeteilt, für deren Bespielung die fünf Kuratoren unter Führung des Kunstpublizisten Jan Tabor nur ein Wort als thematische Vorgabe stellten: mega - groß, mächtig. Unter den Teilnehmern finden sich bekannte Namen wie Jabornegg & Pálffy, Brigitte Kowanz sowie junge (nullmaschine) und aufstrebende (awg).

Erster Schritt für die Eingeladenen war die Erstellung eines "Manifests". Mit bunten Plakaten füllen sie die Wände, die Ideen sollen mit der Zeit innerhalb des begrenzten Raumes plastisch verwirklicht werden. Zur jeweiligen Präsentation der fertigen Kreationen soll dann diskutiert sowie ein Gegenspieler - vom Rechtsanwalt, Psychiater über den Gastronomen bis zum Jesuiten-Pater - eingeladen werden.

Bereits fertig sind zwei Arbeiten im Außenraum. Awg - Alles wird gut hat vor dem Künstlerhaus einen öffentlich benützbaren Waschsalon aufgebaut, am 1. Mai wird hier eine Schaumparty veranstaltet. Mega heißt hier eben auch Spaß. Splitterwerk verspricht auf einer großen Bautafel neben dem Eingang gerade die Stadt Wien zu errichten und dankt den Sponsoren - im Sinne des Ausstellungstitels: eine Anmaßung.

Ein kräftiges Lebenszeichen ist die Spannung verheißende "Mega"-Schau in jedem Fall. Für die Architekturszene sowie für das Künstlerhaus. Handelt es sich bei diesem doch, nach einer siebenmonatigen Pause, wieder um eine Eigenproduktion.

Bis 2. Juni. Täglich von 10 bis 18 Uhr, Do. bis 21 Uhr, Fr. bis 20 Uhr.

www.mega-architektur.at



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