Dem Cyberfeminismus auf der Spur

"Female Takeover" - das heißt in Linz Workshops, Diskussionen und Genderproblematik.
Von Andreas Wolf.


"Wer den Raum PROCEXX in Xxero MOO betritt, sieht ihn mit weißem, gleißenden Licht durchflutet. Das Lichtspiel entwirft bizarre Schatten. Ein Ort an dem die Wahrnehmung eine Pause machen kann."


Im Rahmen der Projektreihe "Female Takeover-ff" bei der Ars Electronica werden textbasierte virtuelle Realitäten im Projekt Xxero eröffnet. Die doppelten XX stehen für das weibliche Chromosomenpaar.

Schiffsmetapher

Xxero wird von den Projektinitatorinnen als Schiff im Cyberspace verstanden, mit dem man quer durch das World-Wide-Web Frauennetzwerke etabliert und bei Bedarf an diverse Festivals andockt. Diesmal bei der Ars Electronica und zwar mit der Retro-Technologie MOO. MOO ist ein ausschließlich auf Texten basierender Vorläufer des Internets und stammt aus den frühen 70er Jahren.

Das Programm hat ein Naheverhältnis zur Literatur und fordert von den Userinnen und Usern vor allem Kreativität. Durch das Fehlen von Computeranimationen entwickelt jeder, ähnlich dem Lesen eines Buches, seine eigne Virtual Reality. MOO wird von den Projektbetreiberinnen deshalb auch als Entgrenzung der programmierten Webfantasien gesehen.

Frauennetzwerk

Heimathafen des Xxero-Schiffes ist die von Berlin ausgehende und von den beiden Protagonistinnen Katy Huffman und Diana McCarty gegründete Mailinglist FACES. Das Frauennetzwerk beschäftigt sich mit dem Stellenwert der Frau im politischem, künstlerischen, medialen und technologischen Umfeld. Den internationalen Projektinitiatorinnen geht es bei der Ars Electronica um einen Gegenpol zur Lifestyle-Webrealität der Gegenwart. Innerhalb des Linzer Festivals sehen sie sich auch in Opposition zu anderen Projekten, wie zum Beispiel zur electrolobby, die den Initiatorinnen zu sehr in Richtung E-Commerce und New-Econnomy abtriftet.

Web and Gender

Während der Ars Electronioca werden Vertreterinnen von Xxero auch Workshops für Frauen in den neuen Kommunikationstechnologien anbieten. Die Möglichkeit sich in Chatrooms zu positionieren, die eigene Identität und das Geschlecht zu wechseln, sind für Uschi Reiter, Mitbegründerin von Xxero, die Verlängerung der Genderthematik in den virtuellen Raum. Frauen sollen nicht nur Userinnen sein, das ist das erklärte Ziel von FACES. Vor diesem Hintergrund kritisiert Uschi Reiter auch das diesjährige Ars-Logo.


Im Zentrum steht eine junge Frau, die mit erhobener Hand triumphierend einen Labtop vor sich her trägt. "Statt der Tricolore, wie beim Bild von Eugène Delacroix 'Die Freiheit führt das Volk', trägt eine Frau den Labtop voran, aber das ist ein Modell dem nach zwei Stunden der Strom ausgeht."

Die dritte Generation

"Female Takeover - ff" ist ein von Ars Electronica, Kunstraum Goethestrasse und dem Frauennetzwerk FAKULTÄT (Frauen aus Kultur und anderen Tätigkeiten) initierten Projekt. Diskutiert werden Netzwerkstrategien von drei verschiedenen Frauengenerationen. Die ersten Cyberfeministinnen kritisierten noch die patriarchale Hegemonie in Politik, Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft.

Für die Generation f (f = female), der jüngsten Generation im World-Wide-Web, sind die Errungenschaften der Frauenbewegung der 70er und 80er Jahre bereits Teil der Alltagskultur. Nur noch 30 Prozent der Frauen würden sich heute als Feministinnen bezeichnen. Die Unterschiede werden am Mittwoch, dem 5. September 2001, ab 15.30 Uhr im "Takeover-Campus" in der Kunstaktivität Linz diskutiert. Die Installationen von "Female Takeover - ff" sind während der Ars Electronica ebenfalls in der Linzer Kunstuniversität.

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