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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
29. Juli 2009
20:53 MESZ


Galerie Nikolaus Ruzicska, Faistauergasse 12, 5020 Salzburg, bis 29. 8.

 

 

Ein dadaistisches Spiel der Gegensätze: François Morellets "Pégatif et Nositif" (2008).

 


Kecke kinetische Löckchen an Neon
Kleine, feine Retrospektive des 83-jährigen französischen Künstlers François Morellet in der Galerie Nikolaus Ruzicska

Understatement kann etwas sehr Zauberhaftes sein. Wie etwa die kinetische Skulptur "Fil avec mouvement ondulatoire" - deutsch: "Kordel mit wellenförmiger Bewegung" - von François Morellet beweist: Die unscheinbare Arbeit von 1965 - so unauffällig wie eine Klingelschnur - ist die älteste Arbeit in der kleinen, feinen Retrospektive, die die Galerie Ruzicska dem Schaffen des 83-jährigen französischen Künstlers ausrichtet.

Betätigt man den Schalter, fängt die mit Bleiplättchen beschwerte Leine beschwingt zu tanzen an und beansprucht, Sinuskurven beschreibend, ihren Raum. Drückt man den Schalter erneut, reduziert sich die Skulptur zu einem unschuldigen Strich in der Landschaft. Die Gerade ist ebenso wie Kreis und Quadrat stets Ausgangspunkt in Morellets künstlerischem Werk.

Ein keckes Ding also, das sich dadurch so gut ins Gesamtwerk des mehrfachen Biennale-Venedig- und Documenta-Teilnehmers fügt. Denn dieses ist zwar sehr konkret, aber deswegen nicht weniger humorvoll: "Ich meide das Transzendentale und Seriöse. Mir scheinen Humor, Ironie, Spott und Frivolität die notwendige Würze zu sein, um Quadrate, Systeme und alles Übrige verdaulich zu machen." So versteckt Morellet die Kabel, die seine Neon-Arbeiten mit Strom versorgen, nicht, sondern integriert sie humorvoll als formbildende Elemente.

Dieses Vermeiden jeglichen Geheimnisses ist es, das zu seiner Auffassung einer um Licht erweiterten konkreten Malerei passt. Einer Kunst also, die weder etwas darstellen noch Empfinden ausdrücken will, sondern sich aus klaren wissenschaftlichen Regeln entwickelt. Dennoch enthalten Morellets Arbeiten genauso das Scheitern am geometrischen Ideal: "20 Jahre lang habe ich geglaubt, dass meine Bilder Flächen und meine Linien Geraden sind."

Seit 1975 rückt nun das, was ihn von der perfekten, reinen Geometrie trennt - Farbe, Bild, Wand - ins Zentrum seines Interesse. So erklären sich Ironie und Poesie in seinen Geometrien zur Zahl Pi, den von Kindern gezeichneten "Geraden" oder jene an Ernst Jandls "rinks und lechts" gemahnende Arbeit "Pégatif et Nositif". Sympathischer Schalk. (kafe / DER STANDARD, Printausgabe, 30.7.2009)

 

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