Kultur

Land der Wiesen, Land der Farben

08.06.2007 | SN
Österreich präsentiert bei der 52. Biennale von Venedig einen sinnlichen Erfahrungsraum voll mit großen Ölgemälden von Herbert Brandl. MARTIN BEHR

Martin Behr Venedig (SN). Der Berg ist weg, die Wiesen, die Himmel, die Lichtspiele, die Wasserfälle, die Horizonte, die Steine sind da. Nach dem monströs-alpinen Überbau vor zwei Jahren durch Hans Schabus ist der Österreich-Pavillon auf der Biennale in Venedig heuer ein malerischer Natur- und Farb-Erlebnisraum. Der gebürtige Steirer Herbert Brandl bespielt das ehrwürdige Josef-Hoffmann-Ambiente mit 13 weitgehend großformatigen Ölgemälden.

Biennale Venedig Über die journalistische Etikettierung eines "Tempels der Malerei" ist er nicht glücklich. Der weihevolle Pathos, der da mitschwingt, bereitet ihm Unbehagen. "Ich brauche keine Tempel, bloß reduzierte Räume, in denen die Bilder atmen, sich ausbreiten können", sagt er Donnerstagvormittag im SN-Gespräch. Mit dunkler Sonnenbrille und seinem Kopftuch, das chinesische Schriftzeichen zeigt, erinnert er an Gottfried Helnwein, doch bis auf diese Äußerlichkeiten haben die Maler nichts gemein. Brandls dynamische, oft auf Fotografien aufbauende Bildwelten sind sowohl Naturabstraktionen als auch Ideen-, Struktur-, und Verwandlungsbilder. Abwandlungen der fotografischen Realität sind eben keine Abbilder der uns umgebenden Umwelt. Er untersucht Mikro- und Makrowelten und bringt die Ergebnisse dieser Studien in einer über Jahrzehnte verfeinerten Malerei auf die Leinwand. Die große, malerische Geste verlangt nach großen Formaten. Ins Nichts stürzende Wolkenformationen, gleißende Sonnenuntergänge oder das Dunkel weiter Ödnis sind in Venedig in der Größe von mehreren Quadratmetern zu sehen.

Land der Wiesen, Land der Wälder, farbenreich: In seinen extra für den Hoffmann-Pavillon entstandenen Arbeiten übt sich Herbert Brandl, wenn es um Bildgröße oder um Vielfalt im Kolorit geht, nicht in Zurückhaltung. "Ein eigentümliches Orange, Gelb und Violett: Die Farbtöne wirken natürlich und künstlich zugleich", schreibt Kurator Robert Fleck im Katalogvorwort.

Die Leinwand als sinnliches Forschungslabor: In breiten Pinselbahnen ist die Farbe auf den Bildgrund gesetzt, mit wenigen Ausnahmen dominieren horizontale und vertikale Gliederungen. Lesbar sind auch Anklänge an frühe Bilder des in Wien lebenden Schwanbergers, an Zeiten, als der Grazer Kunsthistoriker Wilfried Skreiner den Tasquil- und Weibel-Schüler Brandl ab 1980 in die Gruppe der "Neuen Malerei in Österreich" aufnahm und mit Hubert Schmalix, Siegfried Anzinger, Alois Mosbacher oder Erwin Bohatsch förderte. Brandls Malerei ist seither dünnflüssiger geworden, üppig-reliefartige Ölfarbenfeste gibt es keine mehr. Sein Œuvre ist eigenständig und weckt doch auch Assoziationen: von William Turner bis Gerhard Richter. Wie Edward Munch, der einige seiner Werke den Natureinflüssen ausgesetzt hatte, präsentiert der Steirer im Innenhof des Pavillons ein monumentales, frei hängendes Gemälde. Dessen feine Blautöne korrespondieren mit der Fensterfront. Das Werk muss Sprühregen (wie am Donnerstag) und venezianische Sonne aushalten. Herbert Brandl: "Die Farben werden platzen, die Ölfarben auf die Einflüsse reagieren. Ich freue mich auf die Veränderungen."

Für Brandl, dem Fleck "große Risikobereitschaft" und ein "überaus sicheres künstlerisches Gefühl" attestiert, wurde die Architektur des Pavillons sanft modifiziert. Die Haupträume erhielten das von Hoffmann geplante "Velum" (weiße Textilfläche), die Böden sind hellgrau, die Eingänge sind begradigt.

"Mit den Sinnen denken, mit dem Geist fühlen" Der österreichische Biennale-Pavillon wird heute, Freitag, von Kunstministerin Claudia Schmied eröffnet, Bundespräsident Heinz Fischer und viel Prominenz werden dazu erwartet. Für das Publikum ist die 52. Kunstbiennale ab Sonntag geöffnet. Die vom Amerikaner Robert Storr kuratierte Mega-Veranstaltung steht unter dem Motto "Mit den Sinnen denken, mit dem Geist fühlen - die Kunst in der Gegenwart". Der Direktor der Yale School of Art und Kurator am Philadelphia Museum of Art darf sich über eine Rekordbeteiligung freuen: 76 Länder aus fünf Kontinenten nehmen an dem Weltkunst-Ereignis in den Giardini sowie im Arsenale-Gelände teil. Die Kunstbiennale ist bis zum 21. November geöffnet.

Archiv
Salzburg: Stadt SalzburgFlachgauTennengauPongauPinzgauLungau
Nachrichten: InnenpolitikWeltpolitikSportWirtschaftChronikKulturHiTecimBildZeitung
Interaktiv: DebatteBlogsVideoBabybilder WizanySalzburgwiki
Freizeit: VeranstaltungenKinoMusikSpieleReisenWetterHoroskopGewinnspiele
Marktplatz: KarriereImmobilienMotorJobloungePartnerbörsePreisvergleichShopping Mall
SN-Service: Archiv Abo AnzeigenpreiseOnline Werbung MediadatenSN Saal Wir über uns
Salzburger Woche Service: Anzeigenpreise Kontakt
Leseliste löschen Gelesene Artikel löschen