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Kunstberichte

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Illustration

Pflück dir einen Wolf!

(cai) Der Schwarze Tod – jetzt noch schwärzer. Ja. Denn das da in der Galerie Kargl ist eindeutig eine Leistungsschau der Pest (nämlich jener Pest, die von dieser berüchtigten Meereskreatur übertragen wird, die der Mund der Wissenschaft "Navis petrolearia" nennt und der Volksmund "Öltanker"). Was normalerweise kreucht und fleucht (Geckos, Enten, Flamingos . . .) ist jetzt besudelt wie die Pech-Marie nach ihrer Kündigung bei der Frau Holle.

In Wahrheit sind das alles aber bloß Exponate aus dem "Teer-Museum" von Mark Dion, der wohl die enzyklopädischste Sammlung von Objekten aus dem "Teertiär" besitzt. Vielleicht weil er die Viecherln (keine Sorge: sind aus Plastik) selber in die lebensfeindliche Substanz tunkt, bevor er sie präsentiert wie im naturhistorischen Museum, das uns ja eigentlich eh nichts anderes vorsetzt als appetitlich aufbereitetes Aas. Und weil sich Dion auf imposant sinnliche, herz- und hirnergreifende Arrangements versteht (Thema: Wir und die Natur), teert er auch noch das Skelett vom Höhlenbären, der ja bereits während der letzten Eiszeit aus der Biomasse ausgeschieden ist, und platziert bei ihm verräterische Indizien ("fossile" Kaffeehäferln etc.), die erahnen lassen, woran das Urviech gestorben ist. Todesursache: Mensch. Der ist bekanntlich der dominante Konsument des Planeten. Das "Alpha-Konsumännchen".

Ganz ohne "Anschwärzen": die "Mobile Wildnis-Einheit" (ein bissl wie das grenzperverse "Prinzip Topfpflanze", also für den kleinen Naturhunger zwischendurch). "Beet" mit ausgestopftem Wolf auf Autoanhänger. Ein pflegeleichtes "Haustier", das man nur ab und zu abstauben muss und das sich bestimmt nicht auf blutige Rangkämpfe mit dem Hamster einlässt, weil es keine "Natürliche Auslese"-Show mehr abziehen muss. Kunst, getränkt mit teerschwarzem Humor und mit Depression.

Galerie Georg Kargl

(Schleifmühlgasse 5)

Mark Dion

Bis 13. Jänner

Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr

Do. 11 bis 20 Uhr

Sa. 11 bis 15 Uhr

Apokalyptisch geil.

Gschamige Luder

(cai) Die Klavierspieler müssen ja auch täglich trainieren (und die Masseure). Ihre Fingerübungen machen. Und der Giovanni Rindler spielt halt mit den Rundungen und Schwellungen der Damen ("Für diese Dinge is a Frau einfach schöner"). Nicht dass er sie zwicken tät‘, um ihrem Schallloch (dem Mund) diverse Töne zu entlocken. Er fragt sich vielmehr, wie er sie dekorativ (als kokett scheue "Luder") auf die Fläche kriegt (die keine Chiropraktiker-Behandlungspritsche ist). Die wahre Erfahrung sind aber seine üppigen Stein-Mäderln in 3D. Klassisch elegante Üppigkeit, wuchtige Grazie bis in die Zecherln. Jeweils mit mindestens 15 befriedigenden Ansichten (oder mit 42). Alles zu streng kalkuliert? Manchmal ein bissi.

Galerie Sur

(Seilerstätte 7)

Giovanni Rindler

Bis 21. Dezember

Di., Do. 15 bis 19 Uhr

Mi. 10 bis 13 Uhr

Gschmackig.

Hatschi!

(cai) Eine Sandkiste hab ich allerdings noch nie niesen gehört (oder gar niesen gesehen ). Eventuell niest ja auch ein Maulwurf , der sich heimlich im Sand eingegraben hat, und verursacht die nicht unbedingt diskrete Sanderuption. Wie auch immer: Karl Hartwig Kaltner inszeniert jedenfalls kleine Landschaftsdramen, indem er subtil Sand und Asche ins vermeintlich abstrakte Ölbild streut. Vieles ist aber weniger vom Kaliber "niesender Maulwurf" als vom Kaliber "Der Ätna hat einen Reizhusten". Und weil die Bilder keine Titel haben, sind sie meiner Fantasie schutzlos ausgeliefert.

Galerie Artefakt

(Strauchgasse 2)

Karl Hartwig Kaltner

Bis 21. Dezember

Mo. bis Sa. 13 bis 18 Uhr

Erdig.

Mittwoch, 06. Dezember 2006


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