Gemütlichkeit ade

Ferry Öllinger, der Präsident des Festivals der Regionen, im Gespräch mit Andreas Wolf über Konzept und Umsetzung des Festivals.


Wenn Tausende Oberösterreicher mit Künstlern zusammenarbeiten, wenn ganze Dörfer zu Performance-Objekten werden, wenn die Vereine der Umgebung an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, dann ist das Festival der Regionen nicht mehr weit. "Das Ende der Gemütlichkeit" lautet das Motto des heurigen Festivals - vom 22. bis zum 30. Juni zwischen dem Mühl- und Innviertel. Wie immer bei diesem alle zwei Jahre stattfindenden Festival ist die Bevölkerung unmittelbar mit einbezogen.

Festival der Regionen 2001
Festival der Regionen 2001

ON Kultur: Wie kam es zum Festival der Regionen?

Ferry Öllinger: Das Festival wurde 1993 gegründet. Damals entschieden die oberösterreichischen Politiker, dass die Landesausstellungen künftig nur noch alle zwei Jahre stattfinden. Daraufhin hat die freie Szene den Vorschlag gemacht, mit den frei werdenden Mitteln die zeitgenössische Kunst zu fördern und das in Form eines möglichst dezentralen Festivals. Das wurde von der Politik akzeptiert. Seither läuft das Festival biennal zu den Landesausstellungen.

ON-Kultur: Welche Ziele verfolgt das Festival der Regionen?

Ferry Öllinger: Wir wollen Projekte zeigen, die in keinen anderen Rahmen passen und auch kaum in einem anderen Rahmen durchführbar wären. Die Produktionen werden eigens für das Festival kreiert. Ich kenne kein Festival, das so wie wir ein Thema vorgibt und dazu Kreationen produzieren lässt. Die meisten Festivals produzieren zentral oder kaufen Dinge ein, die am Festivalmarkt angeboten werden.

Bei uns sieht man die Produktionen nur in den Orten, für die sie gemacht wurden, sonst nirgends. Dort arbeiten wir auch eng mit der Bevölkerung zusammen. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort werden die Projekte dann erarbeitet. Das ist auch ein ganz wichtiges Anliegen dieses Festivals. Natürlich steckt da auch ein kunstvermittlerischer Ansatz dahinter. Nämlich: Wie bringe ich der ländlichen Bevölkerung Kunst nahe.

ON Kultur: Wie waren bisher die Reaktionen aus der Bevölkerung?

Ferry Öllinger: Großteils positiv, das hängt auch damit zusammen, dass die Leute sehen, wie die Künstler arbeiten. Sie sehen, dass das ganz normale Menschen sind und nicht irgendwelche Freaks. Die Leute sind auch von Anfang an dabei und sehen, wie Kunstwerke entstehen. Natürlich gibt es immer wieder Projekte, wo die Menschen ratlos bleiben, aber im Großen und Ganzen funktioniert es.

ON-Kultur: Was steckt hinter dem Titel "Das Ende der Gemütlichkeit"?

Ferry Öllinger: Der Titel schwebt schon lange in unseren Köpfen. Der Ausdruck wurde in den letzten Jahren immer wieder auch von unterschiedlichen Politikern in diversen Parlamentsansprachen benutzt. Die Sozialpartnerschaft, eines der großen österreichischen Nachkriegsdogmen, ist heute am Zerbröckeln. Das ist auch ein Schritt in Richtung Ende der Insel der Seligen. Das hängt aber genauso mit der Globalisierung oder dem EU-Beitritt zusammen. Uns war nach dem Ende des letzten Festivals 1999 klar, dass mit den anstehenden Wahlen ein Regierungswechsel bevorstehen könnte.

Textile Kultur Haslach & Netzwerk Memoria
Textile Kultur Haslach & Netzwerk Memoria

Das alles hat uns auf diesen Titel gebracht. Die nachfolgenden Entwicklungen haben uns Recht gegeben. Heute wird in den Medien viel vom Ende der Gemütlichkeit geschrieben. Der Titel klingt heute in diesem Zusammenhang ein wenig populistisch. Gott sei Dank ist in unseren Vorstandsprotokollen nachzulesen, dass wir im August 1999 ziemlich die Ersten waren, die diesen Titel verwendet haben.

ON Kultur: Worum geht es in den heurigen Projekten?

Ferry Öllinger: Die Ansätze sind ganz unterschiedlich und reichen von einer politischen Auseinandersetzung bis zu ganz traditionellen Aspekten. Es wird zum Beispiel eine Tour mit dem Rasenmäher quer durch die Landschaft geben. Da geht es ums Gleichmachen und Kurzhalten. Dann gibt es ein Projekt mit Sinnsprüchen, die ein typisches Zeichen bodenständiger Gemütlichkeit sind. So wie "Tritt ein bring Glück herein". Neben den einheimischen Sprüchen wurden für dieses Projekt weltweit mehr als tausend Textilkünstler aufgefordert, ebenfalls Sinnsprüche zu entwerfen. Am Ende sollen einander Tradition und Moderne gegenüberstehen.

ON Kultur: Ein anderes Projekt mit dem Namen "Österreich ist frei" läuft bereits seit Juni 2000.

Ferry Öllinger: Bei der Titelfindung für das heurige Festival ist auch "Österreich ist frei" zur Diskussion gestanden. Im Zuge der politischen Veränderung - zu der man stehen kann wie man will - haben wir uns gedacht, dass es interessant ist, die Veränderungen in diesem Land nachvollziehbar zu machen. Wir haben sieben Künstler beauftragt, Österreich und sein Verhältnis zu Europa zu betrachten. Am Ende werden in einer großen Ausstellen sieben verschiedene Positionen präsentiert.

Link: Festival der Regionen

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