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Gemütlichkeit ade |
Ferry Öllinger, der Präsident des Festivals der Regionen, im Gespräch mit Andreas Wolf über Konzept und Umsetzung des Festivals.
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Wenn Tausende Oberösterreicher mit
Künstlern zusammenarbeiten, wenn ganze Dörfer zu Performance-Objekten
werden, wenn die Vereine der Umgebung an einem gemeinsamen Projekt
arbeiten, dann ist das Festival der Regionen nicht mehr weit. "Das Ende
der Gemütlichkeit" lautet das Motto des heurigen Festivals - vom 22. bis
zum 30. Juni zwischen dem Mühl- und Innviertel. Wie immer bei diesem alle
zwei Jahre stattfindenden Festival ist die Bevölkerung unmittelbar mit
einbezogen.
ON Kultur: Wie kam es zum Festival der Regionen? Ferry Öllinger: Das Festival wurde 1993 gegründet. Damals
entschieden die oberösterreichischen Politiker, dass die
Landesausstellungen künftig nur noch alle zwei Jahre stattfinden.
Daraufhin hat die freie Szene den Vorschlag gemacht, mit den frei
werdenden Mitteln die zeitgenössische Kunst zu fördern und das in Form
eines möglichst dezentralen Festivals. Das wurde von der Politik
akzeptiert. Seither läuft das Festival biennal zu den
Landesausstellungen. ON-Kultur: Welche Ziele verfolgt das Festival der Regionen? Ferry Öllinger: Wir wollen Projekte zeigen, die in keinen
anderen Rahmen passen und auch kaum in einem anderen Rahmen durchführbar
wären. Die Produktionen werden eigens für das Festival kreiert. Ich kenne
kein Festival, das so wie wir ein Thema vorgibt und dazu Kreationen
produzieren lässt. Die meisten Festivals produzieren zentral oder kaufen
Dinge ein, die am Festivalmarkt angeboten werden. Bei uns sieht man die Produktionen nur in den Orten, für die sie
gemacht wurden, sonst nirgends. Dort arbeiten wir auch eng mit der
Bevölkerung zusammen. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort werden die
Projekte dann erarbeitet. Das ist auch ein ganz wichtiges Anliegen dieses
Festivals. Natürlich steckt da auch ein kunstvermittlerischer Ansatz
dahinter. Nämlich: Wie bringe ich der ländlichen Bevölkerung Kunst
nahe. ON Kultur: Wie waren bisher die Reaktionen aus der
Bevölkerung? Ferry Öllinger: Großteils positiv, das hängt auch damit
zusammen, dass die Leute sehen, wie die Künstler arbeiten. Sie sehen, dass
das ganz normale Menschen sind und nicht irgendwelche Freaks. Die Leute
sind auch von Anfang an dabei und sehen, wie Kunstwerke entstehen.
Natürlich gibt es immer wieder Projekte, wo die Menschen ratlos bleiben,
aber im Großen und Ganzen funktioniert es. ON-Kultur: Was steckt hinter dem Titel "Das Ende der
Gemütlichkeit"? Ferry Öllinger: Der Titel schwebt schon lange in unseren Köpfen.
Der Ausdruck wurde in den letzten Jahren immer wieder auch von
unterschiedlichen Politikern in diversen Parlamentsansprachen benutzt. Die
Sozialpartnerschaft, eines der großen österreichischen Nachkriegsdogmen,
ist heute am Zerbröckeln. Das ist auch ein Schritt in Richtung Ende der
Insel der Seligen. Das hängt aber genauso mit der Globalisierung oder dem
EU-Beitritt zusammen. Uns war nach dem Ende des letzten Festivals 1999
klar, dass mit den anstehenden Wahlen ein Regierungswechsel bevorstehen
könnte.
Das alles hat uns auf diesen Titel gebracht. Die nachfolgenden
Entwicklungen haben uns Recht gegeben. Heute wird in den Medien viel vom
Ende der Gemütlichkeit geschrieben. Der Titel klingt heute in diesem
Zusammenhang ein wenig populistisch. Gott sei Dank ist in unseren
Vorstandsprotokollen nachzulesen, dass wir im August 1999 ziemlich die
Ersten waren, die diesen Titel verwendet haben. ON Kultur: Worum geht es in den heurigen Projekten? Ferry Öllinger: Die Ansätze sind ganz unterschiedlich und
reichen von einer politischen Auseinandersetzung bis zu ganz
traditionellen Aspekten. Es wird zum Beispiel eine Tour mit dem Rasenmäher
quer durch die Landschaft geben. Da geht es ums Gleichmachen und
Kurzhalten. Dann gibt es ein Projekt mit Sinnsprüchen, die ein typisches
Zeichen bodenständiger Gemütlichkeit sind. So wie "Tritt ein bring Glück
herein". Neben den einheimischen Sprüchen wurden für dieses Projekt
weltweit mehr als tausend Textilkünstler aufgefordert, ebenfalls
Sinnsprüche zu entwerfen. Am Ende sollen einander Tradition und Moderne
gegenüberstehen. ON Kultur: Ein anderes Projekt mit dem Namen "Österreich ist
frei" läuft bereits seit Juni 2000. Ferry Öllinger: Bei der Titelfindung für das heurige Festival
ist auch "Österreich ist frei" zur Diskussion gestanden. Im Zuge der
politischen Veränderung - zu der man stehen kann wie man will - haben wir
uns gedacht, dass es interessant ist, die Veränderungen in diesem Land
nachvollziehbar zu machen. Wir haben sieben Künstler beauftragt,
Österreich und sein Verhältnis zu Europa zu betrachten. Am Ende werden in
einer großen Ausstellen sieben verschiedene Positionen präsentiert. Link: Festival der
Regionen | ||||||
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