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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
12. März 2008
17:36 MEZ
Foto: Hassfurther
2004 brachte Kokoschkas "Amokläufer" 426.000 Euro, am 29. Mai gelangt er bei Hassfurther zur Auktion.

Öl braucht der Markt für hübsche Leinwände
Ganz ohne runden Geburtstag hat sich für Oskar Kokoschka heuer ein institutioneller Ausstellungsschwerpunkt ergeben

Die Auswirkungen auf den Kunstmarkt werden in Ermangelung internationalen Angebotes eher lokal bleiben.


Schon die großangelegte Retrospektive Klimt, Schiele, Moser, Kokoschka im Pariser Grand Palais (2005) war bei Oskar Kokoschka ohne nennenswerte Auswirkungen geblieben. Sonst sind von Museen zelebrierte Ausstellungen auch Initialzündungen für den Markt – aber nur, wenn dieser entsprechendes Angebot bereithält.

Im Falle Kokoschkas fehlen aber die wichtigen Werkepochen zuordenbaren Ölbilder, sie sind krasse Mangelware und ohne sie gerät der internationale Kunstmarkt ins Stocken. Der Anteil ist mit einem Prozent geradezu läppisch, auch wenn er seit 1997 für 35 Prozent des Umsatzes sorgte.

Die Folge: Stagnation, die wahrnehmbaren Bewegungen auf dem Markt haben lediglich die mit Aquarellen und Zeichnungen erzielten Absatzmengen zur Ursache. Denn davon, dass Museen oder die Nachlassverwalter solche horten, hat der Markt nichts.

Seit 1989 listet die amerikanische Datenbank "Artprice" nur 55 Einträge, 2007 wurde nur ein Werk versteigert, 2006 waren es zwei. Ein weiterer Beleg ist die Liste der zehn höchsten Auktionsergebnisse, die angesichts der allgemeinen Marktentwicklung innerhalb des letzten Jahrzehnts quasi in die Kategorie Schnee von gestern fällt. Der bisherige Auktionsrekord und damit auch der einzige Zuschlag in Millionenhöhe (Dresden, Neustadt 1, 2,9 Mio Dollar) ist knapp 20 Jahre alt, der aktuellste Toppreis stammt von 2003 (Richmond Terrace, Sotheby's 770.000 Dollar; 1991 Christie's 660.000 Pfund). Im deutschsprachigen Raum trat nur ein relevantes Topergebnis in Erscheinung, als Lempertz 1996 Blumen am offenen Fenster für 880.000 DM, umgerechnet knapp 415.000 Euro, weiterreichte.

In dieser Preisklasse bewegen sich in Österreich aber schon Gouachen und andere Arbeiten auf Papier: Im Mai 2004 erzielte der 1908 in Tusche, Aquarell, Tempera und Bleistift ausgeführte Amokläufer bei Wolfdietrich Hassfurther 426.000 Euro. Derzeit ist das Blatt in der Österreichischen Galerie Belvedere zu sehen und gelangt anschließend am 29. Mai neuerlich bei Hassfurther unter den Hammer. Der Belvedere-Titelgeber, die im Auftrag der Wiener Werkstätte unter dem Titel Träumende Knaben entstandene Serie von Holzschnitten, gilt als frühes Hauptwerk des damals erst 21-Jährigen.

Wolfgang Bauer (Bel Etage / Wien) hält aktuell die Titelvignette bereit, sie ist mit 2500 Euro moderat bemessen. Zum Vergleich schätzt er den aktuellen Preis der vollständigen Serie auf rund 20.000 Euro. Für Interessierte, denen die Ausstellung im Belvedere (Träumender Knabe – Enfant terrible, bis 12. Mai) sowie die bevorstehende Präsentationen in der Albertina (Exil und neue Heimat 1934–1980", ab 11.April) und im Lentos-Museum Linz (Ein Vagabund in Linz. Wild, verfemt, gefeiert, ab 31. Mai), so richtig Lust auf den Besitz eines Kokoschka gemacht haben, können sich ganz aktuell bedienen: Im Rahmen der Residenz – Messe für Kunst und Antiquitäten (15. bis 24. März) werden mehrere Werke angeboten. Zu den Highlights der Galerie Richard Ruberl gehört das Aquarell Kniendes Mädchen (190.000 Euro) oder die im Werkverzeichnis abgebildete Tusch-Kreide-Zeichnung Völkerfriede (1917).

Wienerroither & Kohlbacher halten neben einem liegenden weiblichen Akt von 1911/12 (45.000 Euro) schwerpunktmäßig Arbeiten aus den 40er-Jahren bereit, darunter Doris mit Katze (75.000 Euro), inklusive Anekdote: Die Aufgabe von Modell Doris bestand laut Olda Kokoschka hier nämlich darin, die Katze festzuhalten, die dauernd in die schottische Wildnis ausbüchsen wollte. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.3.2008)


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