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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
12. April 2006
12:09 MESZ
Von
Anne Katrin Feßler

Termine

Kunstverein: bis 16. 4.,

Ruzicska: bis 17. 5.,

Ropac: bis 27. 5 

Foto: E. Wolf
"Kapitelplatz", Salzburg 1991

Foto: Kapfer
Verführender Familienvater im Satyrkostüm und Fruchtbarkeitsgabe: "Rom" (C-Print, 2003) von Franz Kapfer

Franz Kapfer: Verführungsposen eines Satyrs
Vom selbst-ironischen Ritterspiel im Kunstverein bis zum Freundschaftsspiel bei Ropac in Salzburg

Salzburg – So ein kecker "Arsch-Helm" hat etwas ungemein Praktisches: Einerseits ist die weiße, ausladende Kopfbedeckung Indiz für ironische Selbsthinterfragung, anderseits vermag sie – als theatralische Verkleidung – schützende Distanz herzustellen.

Erstmals trug Franz Kapfer, derzeit mit Arbeiten aus 1991 bis 2005 im Salzburger Kunstverein zu Gast, den Helm als Zwanzigjähriger. Auf Liebesentzug hat er sich eine Ersatzbrust gebastelt, ein Kunststoffobjekt, mit dem er in eine schwarze Kutte gehüllt im spätbarocken Neptun-Brunnen am Salzburger Kapitelplatz baden ging. Der lustvolle Wasserspeier war für den damaligen Absolventen der Holzfachschule für Bildhauerei aber nicht mehr als ein Requisit. Zwölf Jahre später sollte er es in Rom dazu verwenden, die Mutter seines Kindes zu bezirzen.

Mit dem Ziel, wieder Pep ins Liebesleben der Jungeltern zu bringen, lockte er etwa als antiker Verführer und Faxen machender Satyr. Gaben seines Werbens waren allerlei – aus bunten Plastikflaschen kunstvoll gefertigte und an alpine Fruchtbarkeitssymbole erinnernde – Kleinodien. Rührend komisch in diesem Zusammenhang auch der verzweifelte Verführungsversuch einer anmutigen Sisi-Statue ("Elisabeth", 1991), der in einen finalen Umklammerungsakt des Jünglings mündet.

Aus sehr persönlicher Perspektive reflektiert der Heimo- Zobernig-Schüler Symbole männlicher Sexualität und Identitäten zwischen Liebhaber und Familienvater; die dabei mitschwingende Selbstironie ist ebenso selten wie positiv. In "Was den Menschen nicht umbringt, macht ihn stärker" ringt ein 30 Kilo schwerer umgeschnallter Metall-Dildo, vielmehr ein industriell gefertigter Poller, den Protagonisten zu Boden. Wie erlöst sich der Mann vom Laster Lust?

Sexualität und männliche Rollenbilder sind aber nicht die einzigen Themen, die hier in erfrischend unkomplizierter Weise präsentiert werden. Mit Anleihen bei antiker und christlicher Ikonografie rückt Franz Kapfer auch dem Thema Faschismus zu Leibe. Bemerkenswert hier die Foto-Video-Installation "Big Gym – Römischer Sommer" im Foro Italico: Kaum zu glauben, aber am ehemaligen "Foro Mussolini" im Norden der italienischen Hauptstadt, einst als riesige Sportstätte im Sinne faschistischer Ideologie erdacht, wird heute – umringt von den steinernen Sport-"Heroen" – wieder im Kollektiv geturnt und geschwitzt. Das bunte Treiben am Platz dokumentiert Franz Kapfer per Video, die protofaschistischen Skulpturen stellt er im Foto nach.

Palmen-Posteridyllen

Inszenatorische Momente, wenn auch ganz ohne Heldenpathos, finden sich bei den der englischen Tradition verpflichteten Porträts Alessandro Rahos in der Galerie Ruzicska. Dazwischen zarte Stillleben, Land- und Seestücke sowie Palmen-Posteridyllen, die romantische Wunschbilder sowohl bejahen als auch ironisieren.

Ein bewusstes Potpourri großer und kleiner Formate, dazu eine bei einem konservativen Kunstbegriff entlehnte Illusion von Schönheit. Was an die Angebotsvielfalt eines Geschäft erinnert, ist vollkommen beabsichtigt, so Alessandro Raho: "Das, was Ikea macht, ist nichts anderes als Dada der Gegenwart."

Vor genau fünf Jahren war Raho bei Thaddaeus Ropac ausgestellt. Aktuell hat man dort ein skulpturales "Freundschaftsspiel" ausgerufen. Vier deutsche – Stephan Balkenhol, Georg Baselitz, Imi Knoebel, Wolfgang Laib – treffen auf vier (im weiteren Sinne) britische Spieler: Tony Cragg, Richard Deacon, Amish Kapoor und Richard Long. Diese Dialoge erinnern mehr an Tennis in adretten weißen Dressen als an mit Rasen, Dreck und Blut beschmierte Fußballtrikots. Mit wenigen Ausnahmen – Laib und Deacon im Treppenfoyer – bleiben die Korrespondenzen steril und auf formale Aspekte reduziert. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.4.2006)


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