Ornament und Kunstgeschichte | |
Von Sabine Oppolzer.
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Ein Akt ist nur dann gut, wenn man ihn
zwar von vorne zeichnet, aber genau weiß, wo das Rückgrat ist. Dieser Satz
bringt das künstlerische Credo des freischaffenden Künstlers und
Schriftstellers Thomas Gronegger auf den Punkt. In seinen Augen muss die
Kunst einen Blick nach hinten, also in die Geschichte riskieren, um einen
Schritt weiter zu kommen. Auf Entwurfebene pirscht sich Gronegger deshalb an Arbeiten von
Michelangelo, Boromini oder Bernini heran. Sieben Monate lang beschäftigte
sich Gronegger tagtäglich damit, ihre Bauten zu studieren, fertigte
Zeichnungen, Fotografien und Profile an. Er wirft mit seiner Untersuchung
die Frage auf: Ist das Ornament in der postindustriellen Gesellschaft
obsolet geworden oder haben sich einfach die Formen der Ornamentik
verändert? Treppe wie ein Ufo Dominiert wird der Ausstellungsraum des Architekturzentrums von der
Rekonstruktion der Michelangelo-Treppe in der Bibliotheca Laurenziana. Das
Modell wurde in der Dimension 1:1 errichtet, nur extrem abgeflacht zu
einem Relief, sodass das Ganze wie ein Ufo im Raum schwebt. Architekt Friedrich Achleitner, der selbst eine umfassende
Dokumentation zur Wiener Architektur angelegt hat, empfindet dieses
Zurückgehen auf die erste Welt unserer Wahrnehmung als Dynamit im
positiven Sinn für die heutige Diskussion. Groneggers Entdeckung Bisher nicht gesehen haben auch renommierte Kunsthistoriker
Michelangelos Treppe und sind damit einigen Irrtümern aufgesessen.
Gronegger hat mit seiner gründlichen Recherche als Abfallprodukt seiner
künstlerischen Arbeit eine kunsthistorisch bedeutsame Entdeckung gemacht.
Er sei die Treppe hineingestiegen und habe darunter noch eine weitere
gefunden. Danach konnte er rekonstruieren, dass die Treppe eigentlich nur ein
Zwischenprojekt war. Michelangelo habe angefangen, die Treppe zu bauen und
sei dann nach Rom gegangen. Ein anderer Architekt habe sich dann über die
Pläne hinweggesetzt und seine eigenen Vorstellungen realisiert, so
Gronegger. Thomas Gronegger entlarvte so die bisherige Interpretation
dieser Arbeit Michelangelos als Konstrukt. Tipp: Die Ausstellung "Groneggers Werkstatt" ist noch bis 22. Jänner 2001 im
Architekturzentrum
Wien zu sehen. Zur Ausstellung ist auch ein umfangreiches und
bebildertes Katalogbuch erschienen. | ||
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