Kunstmarkt

Irgendwie mit Tradition

23. April 2010, 16:53
  • Artikelbild: Irgendwie diskutabel, weil irgend etwas zwischen ranziger Provokation, müdem Klischee und aktuellem Bezug: Jochem Hendricks präparierte Kampfhunde-Installation "Siblinks" von 2009. - Foto: Thomas Rehbein Galerie

    Irgendwie diskutabel, weil irgend etwas zwischen ranziger Provokation, müdem Klischee und aktuellem Bezug: Jochem Hendricks präparierte Kampfhunde-Installation "Siblinks" von 2009.


Die 44. Auflage der Art Cologne (bis 25. April) orientiert sich an ihren sicheren Werten: den Wänden und der Kundenstruktur

Auch in ihrem 44. Jahr will sie vieles bieten - fein getrennt durch zwei Hallenebenen: von atelierfrisch bis wertbeständig abgesegnet, was klassisch modern und nachkriegsklassisch bedeutet. Vor allem aber hat sich die Art Cologne in der Krise des fünften Jahrzehnts zunehmend auf Neuanfänge spezialisiert.

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Die Ursachen reichen von wohl genetisch bedingter Kölsch'er Klüngelei und interner Kommunikationsschwäche bis zur nationalen Kunstmessen-Konkurrenz in Berlin und Karlsruhe. Internationale Großmannsträume verschlief man früh (Basel, Maastricht und Miami), Direktoren wurden gewechselt, dazu der Messetermin von November auf April. Aber irgendwie ging und geht es in Köln immer weiter. Seit der ehemalige Galerist Daniel Hug im zweiten Jahr am Konzept-Ruder steht, scheint es "irgendwie" - so das Messe-Vokabel der Stunde - besser geworden zu sein.

Von den wenigen "Großen" des Geschäfts, die nach Köln kommen, kehrten Karsten Greve (mit einem wunderschönen aktuellen Soulages-Ensemble), das Londoner Haus Juda (mit eher kleiner Probe-Koje), der Leipziger/Berliner Judy Lybke mit viel (Neo) Rauch in Form etlicher Quadratmeter eines Bildes und Sprüth/Magers zurück. Sie halten die Messe heuer "irgendwie" für weniger "spießig" und diagnostizieren eine "präzisere Auswahl" . Sie offerieren, von der großen Abstraktion bis zur Zeichnung, etwa Thomas Scheibitz (2000 Euro bis 80.000 Euro).

Apropos Abstraktion. Die Messe bedient offensichtlich das Rahmenprogramm-Highlight der Region: die Düsseldorfer Schau zum deutschen Informel und Abstrakten Expressionismus Amerikas. Depots mit schwer verkäuflicher Ware wurden wohl geräumt: Selten gab es so viel Schumacher, Nay, Brüning, Fried Thieler, aber auch Miotte und Riopelle.

Apropos Region und Tradition. Immerhin eine Region, die 16 Millionen Menschen einbezieht, inbegriffen die Niederlande und Belgien. Und natürlich die rheinländische Sammlertradition seit 50 Jahren. Auf dieses Potenzial besinnt man sich erneut, sehnt sie zumindest herbei, betont neuerdings sichere Kölner Werte - an den Wänden und bei der Kundenstruktur. Dem Düsseldorfer Edel-Haus Beck&Eggeling wurde gar die Teilnahme-Auflage gemacht, sich klassisch-modern zu präsentieren - was nicht nur in Form eines rot glühenden Alters-Herbstmeeres des späten Emil Nolde für 2,4 Mio. Euro geschieht.

Nicht zuletzt Österreichs zwölf Galerien (200 Aussteller) kamen und kommen deshalb. Der Innsbrucker Thoman ist zum 31. Mal in Köln, spricht von 90 Prozent Umsatzanteil im Ausland - überstrahlt von Franz-West-Mobiliar für 140.000 Euro. Dieselben Gründe treiben ihn parallel zur "Art Brussels" (23.-26. 4.). Auch dort wurde seit 2001 Stammkundschaft aufgebaut. Alles im europäischen Kunstmarkt-Geschehen, außer Basel und Maastricht, scheint auf ein abgesichertes Beuteschema innerhalb von Regionen hinauszulaufen: in Köln eben tradiertes rheinisches Sammler-Potenzial, bestätigt die Galerie Johannes Faber.

Nicht minder ein Highclass-Neuling wie Wienerroither & Kohlbacher, der mit zeichnerischen Klimt-Trouvaillen auftrumpft. Oder auch Rosemarie Schwarzwälder / Nächst St. Stephan, die zum Auftakt nicht nur Katharina Grosse mittelformatig für 27.000 Euro verkaufen konnte.

Ernst Hilger begründet seine Köln-Brüsseler Parallelaktion lapidar: "In Brüssel, stark zeitgenössisch durch junge Spontankäufe geprägt, lässt sich klassische Moderne im Prinzip nicht mehr verkaufen. Bis 10.000 Euro ist Brüssel gut, ab 10.000 Euro ist Köln besser". (Roland Groß, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 24./25.04.2010)

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