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Sehnsucht und Angst
von
Ulrike Steiner
Schwüle eines erträumten Orients
Der Orient liegt im Trend, und das nicht nur im aktellen Lifestyle. Die Ausstellung "Harem - Geheimnis des Orients" in der Kunsthalle Krems zeigt, wie die westliche Welt sich im 19. Jahrhundert ein Reich für sexuelle Phantasien bis hin zum puren Kitsch erträumte.

Sich auszumalen, was kein Auge gesehen hat, das beflügelte seit jeher die Phantasie - Kirchen und Museen der Welt sind ausstaffiert mit den Bildern, die sich Künstler durch die Jahrhunderte davon machten: das Paradies, die Hölle, Götter, Engel, Teufel... Ein vermeintliches irdisches Paradies, das in Wirklichkeit nur sehr wenigen zugänglich war, beflügelte vor allem die europäischen Genremaler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - der Harem.

Das Wort geht auf das arabische haram zurück, das ein Begriffsfeld von "heilig" über "geschützt" bis "verboten" abdeckt. Im Westen ruft der Begriff "Harem" Assoziationen zu einer verborgenen Welt des Luxus wach, in der wunderschöne Frauen aus aller Herren Länder, von Eunuchen bewacht, ein der Wollust hingegebenes Leben führen.

Pure Männerphantasien

Die Ausstellung "Harem - Geheimnis des Orients" in der Kunsthalle Krems führt durch eine künstliche Welt, die vieles über Männerphantasien und nichts über die realen Lebensbedingungen in einem Harem aussagt.

Hintergrund im Katalog

Die Frage bleibt im Raum stehen, denn aus den Exponaten und dem didaktischen Aufbau der Schau ergeben sich nur wenige anschauliche Antworten. Der Rundgang führt von der Fleischbeschau auf dem Sklavenmarkt über die von Eunuchen bewachten Tore in die prunkvollen Gemächer und die Hamams innerhalb des Harems. Was immer die von unterdrückten Trieben geplagten Europäer bewegte, entfaltet sich hier üppig und fleischfarben.

Im Katalog erschließt sich der Hintergrund (siehe "Frauen-Bilder"). Ko-Kuratorin Andrea Winklbauer in ihrem Text: "Die Harems der Orientmaler waren so beschaffen, dass sich der männliche Betrachter, manchmal reichlich naiv, alles nicht Gezeigte lebhaft dazudenken konnte. Erst Sehen und Wissen ergab den wahren Reiz..." Nur im letzten Raum konterkariert eine Serie historischer Photos aus dem Iran die schwüle Traumwelt. Die Verweise in die Gegenwart kann man sich nur erlesen.

"Harem - Geheimnis des Orients", Kunsthalle Krems, bis 13. November, tägl. 10 bis 18 Uhr; http://www.kunsthalle.at/

OÖnachrichten vom 21.09.2005
 
   



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