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06.11.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung | ![]() |
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"Africa Screams": Operation gelungen, Patient tot | ![]() |
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VON ALMUTH SPIEGLER | ![]() |
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Die Frau als Geldautomat und der Horror der Kinderhexen: "Africa Screams" in der Wiener Kunsthalle. | ![]() |
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W Wohin also mit diesen billig gedrehten Horrorvisionen für
die Massen, mit denen uns die Kunsthalle jetzt konfrontiert? Billig
gedrehte Storys voll Kannibalismus, Hexen, Teufeln, Zaubermännern,
motiviert von Geldgier und Frauenhass, die in Ghana und Nigeria am
Laufband produziert werden. Dieser hässliche Ausdruck eines Lebensgefühls
soll laut Konzept der Ausstellung, die vor der Kunsthalle schon im
Iwalewa-Haus in Bayreuth zu sehen war, auch in der zeitgenössischen
bildenden Kunst gezeigt werden. Ausgehend von den Videos wurde also
versucht, eine kleine afrikanische Kulturgeschichte des Schreckens
aufzubereiten - leider ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Mehr verstört als amüsiert kauert man also in einem
dunklen Kunsthallen-Eck und konsumiert einen - beunruhigenderweise wohl
auch noch rücksichtsvoll zubereiteten - Zusammenschnitt der trashigen
Video-Gassenfeger. Wenn Augen als Plastikbälle aus ihren Höhlen springen
und die steinzeitliche Computeranimation ruckelt, mag das ja noch ganz
lustig sein. Irritierend aber ist diese unverhohlene Geldgier, für die
schon einmal ein zum Huhn verzaubertes Kind geopfert wird oder eine
Ehefrau zur Mumie, um sie als Geld spuckendes Monster im Kleiderkasten zu
halten. "Okkulte Ökonomien" nennen die Ausstellungsmacher solche
Voodoo-Geld-Beschaffungs-Aktionen, die sich als roter Faden durch dieses
Genre ziehen, das etwa ein Drittel der afrikanischen Video-Produktion
ausmachen soll - neben Komödie und Liebesdrama. Die immer weiter klaffende Kluft zwischen Arm und Reich
dient als Erklärungsmodell für diese Motive. Und die nicht mehr benötigte
Fruchtbarkeit der Frau wandelt sich unter männlicher Regie umstandslos zur
Reproduktionsfähigkeit von Reichtum. "Diabolo" heißt das Erfolgs-Video, in
dem ein Mann Prostituierte betäubt, sie in Form einer Riesenschlange
penetriert und nach vollzogenem Akt das Geld einsteckt, das sein Opfer aus
dem Mund würgt. Die Rache der Frauen manifestiert sich in der Heimsuchung
der Söhne von Hexen. Ein relativ neuer Charakter in diesem Horror-Kosmos
sind übrigens die Kinderhexen, die mit Vorliebe die Rücken von Schlafenden
verzehren und in denen sich die Kriegserlebnisse mit Kindersoldaten
widerspiegeln. Dagegen ist die Sprache der bildenden Kunst sanft. Sie
kämpft mit Mitteln, die den direkten Weg von Video, Comic und Plakaten
scheuen. Wir haben gelernt, diesen Umleitungen zu folgen und uns von der
Kunst nicht mehr kalt erwischen zu lassen. Gemalte wie gezeichnete
Leichenteile, Folterarrangements, Monsterfratzen werden in der Ausstellung
unfreiwillig zum dekorativen Beiwerk der bewegten Bilder degradiert. Neben
Zahnlosigkeit existiert auch noch das Extrem: In Fernando Alvim ist eine
Art afrikanischer Damien Hirst gefunden, der statt banale Haie in
Formaldehyd gruselig mutierte Puppenköpfe in Aquarien einlegt.
Zwischentöne findet man in den mit Tipp-Ex übermalten Fotografien von
Candice Breitz, die in Klischees gefangene menschliche Postkartenmotive
weißwäscht. Aber auch der traditionelle Kult scheint in Afrikas Städten
noch lebendig zu sein: Zu alten Deformations-, Beschneidungs-,
Fremdenmasken kommen neue Formen dazu, etwa der "Fashion-Devil", gebastelt
aus Zivilisationsmüll wie Plastiktischtuch und Synthetik-Quasten. Diese
Kreation soll böse Hexen fröhlich stimmen - immerhin ein Anfang. Weiterhin aktuell ist auch der Höhepunkt der senegalesischen Kunstmesse "Dakart" 2002: Dominique Zinkpé legte Afrika als verhutzelte Mumie aufs Krankenbett. An Dutzenden (Geld-)Fusionen hängend läuft doch alles nur durch den Körper durch, um wieder in einigen Gefäßen am Boden zu landen, beschriftet mit: Frankreich, Weltbank, Unicef, EU, USA, GTZ. Wie heißt es so schön: Operation gelungen, Patient tot. Bis 30. Jänner, Tägl. 10-19 Uhr, Do. 10-22 Uhr,
Mittwoch geschlossen. |
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