Kleider machen Künstler
Von Claudia Aigner
Wenn die Zigarette farblich zur Bluse passt und ebenfalls
pink ist, dann arbeitet gerade Sissel Kardel an ihrem Lungenkrebs. Und
posiert für eine saftige Fotoserie von Patterson Beckwith, wo sich die
Künstler amüsieren und jung und modisch sind (als wäre ihre Welt auf die
Marmeladenseite ihres Marmeladenbrotes gefallen). Kirsty Bell feiert in
der von ihr kuratierten, hintergründigen Schau "The Love of Look" den
Lebensstil, die Selbstinszenierung und den Glamour von Berühmtheiten und
anderen Künstlern. Kurz: eine Welt, in der Eitelkeit zum Lebensstandard
gehört. Zu sehen bis 16. März in der Kerstin-Engholm-Galerie
(Schleifmühlgasse 3). Dieselbe Sissel Kardel, bei der das Nikotin
rosarot ist, bereichert in ihren selbstironischen, pastelligen Malereien
unberührte amerikanische Landschaften (wo offenbar auch die
Kleiderschränke bis heute unberührt geblieben sind) mit ihrer nackten
Anwesenheit. Überwältigend simpel und in seiner primitiven Einfachheit
schon genial: die kitschig nächstenliebe Gemeinschaftsidylle von Piotr
Uklanski, der für sein riesiges Foto eine Art Künstlerkommune in
Herzerlform auf einer saftigen Wiese arrangiert hat. Und da sind alle
sogar koloristisch ein Herz und eine Seele (nämlich rot angezogen).
Und Rachel Feinstein drückt ordentlich auf die "Hollywood-Tube". Ihr
filmisches Wintermärchen ist in seiner bissigen Tragikomik wirklich gut
geworden und auch technisch interessant. Ein bitterarmes Mädchen, das ein
Gesicht hat wie ein Holzschnitt (oder eine Visagistin aus der
Stummfilmzeit) fällt in einer schwarzweißen, erbärmlichen Winterwelt
entkräftet in den Schnee und träumt dann (natürlich in Farbe) zwar nicht
direkt von einer kostenlosen Styling-Beratung, aber von sich selbst als
perfekt geschminkter Schönheit im ungetrübten Hollywood-Glück, deren
Dekolletee im Frühlingswind flattert und der der Wind die Kleider vom Leib
reißt. Einen alkoholischen Totenkult um berühmte Leute treibt Rob
Pruitt mit seiner Installation "Dead in the Nineties": neun volle Wein-
und Sektflaschen (für jedes Jahr eine), beschriftet mit den Namen der
"wichtigsten Verstorbenen". Damit spricht er Miles Davis oder Lady Diana
theoretisch "weinselig" oder stößt wenigstens in einer makabren Sektlaune
auf ihren Tod an. Eigentlich könnte man die Flaschen, deren Inhalt
verführerisch in der Galeriebeleuchtung glänzt, ohne weiteres neben
Warhols knallige Marilyn-Siebdrucke stellen, mit denen dieser ja auf den
Selbstmord der Monroe reagiert hat, auch wenn man ihnen nicht ansieht,
dass sie zu seiner "Todesserie" gehören.
Erschienen am: 27.02.2001 |
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