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01.07.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunstmarkt: Profi-Start mit Allüren
VON ALMUTH SPIEGLER
Die Wiener Kunstuniversitäten präsentierten ihre Diplomanden: unprätentiös, aber überzeugend.

W
ährend in England die Absolven ten der Kunst-Colleges ihre Di plome in chicen "Degree Shows" zu präsentieren pflegen, pflegt man in Wien den unprätentiösen Weg. Eine eigene Ausstellung wollten sich heuer weder die Angewandte noch die Akademie zum Jahrgangs-Abschluss leisten. Die Biennale- und Documenta-Teilnehmer von morgen, die hier - hoffentlich - heranwachsen, im Idealfall noch unberührt von den Begehrlichkeiten des Kunstmarkts, mussten sich mit ihren Abschlussarbeiten in ihrem alten Umfeld, den Universitäten, Fläche und Aufmerksamkeit erkämpfen.

Der Abnabelungs-Kampf beginnt spätestens jetzt, was sich an Beschriftungs-Verwirrungen an der Akademie ablesen lässt: Manchmal ist unter dem Künstlernamen noch brav der Stall angeführt - Klasse Damisch, Schmalix etc. - andere wollen endlich alleine wahrgenommen werden. Das zeugt von einem ordentlichen Selbstbewusstsein. Frühe "Allüren" konstatieren den Kunststudenten zwei vereinzelte Galeristen, die während eines Rundgangs am Montag gesichtet wurden. Wie auch immer, die Qualität stimmte bei beiden Institutionen.

Die Angewandte überzeugte mit den präzisen Arbeiten der Design- und Architektur-Klassen, in der Restaurierung konnte sich Waltraud Schartmüller etwa an der Sicherung eines Schaumstoffobjekts aus den 60ern von Christian Ludwig Attersee profilieren, aus dessen Klasse selbst keine Abschlussarbeiten zu sehen waren. Per Einladung ließ der Maler aber auf eine Präsentation seiner Studenten von Etiketten für eine Brauerei hinweisen. Vielleicht ist das mit "beruflicher Anschlussfähigkeit" gemeint, wie es Peter Sloterdijk und Akademie-Rektor Schmidt-Wulffen bei einer begleitenden Diskussion ausdrückten.

An der Akademie fiel die souveräne Verschränkung der unterschiedlichen Medien Malerei, Zeichnung, Video, Installation auf. Die Malerei scheint - neben einigen wenigen abstrakten Versuchen - hier zurzeit aber etwas in der Gewohnheit stecken geblieben, Alltags-Fotos ausschnitthaft und knallig auf die Leinwand zu übersetzen. Wobei Alex Dlabac mit einer unglaublichen Erotik-Kitsch-Wand in Straßenmaler-Manier herausstach. Genau wie Chilo Eribenne, die mit ihrer Foto- und Video-Inszenierung der Girlie-Gruppe "Chicks" den Pop-Betrieb persifliert. Eine Arbeit, die auch schon in die aktuelle Ausstellung "Born to be a star" im Wiener Künstlerhaus Eingang gefunden hat. Für die meisten Kunststudenten wird es jetzt, nach Ende ihrer offiziellen Brutzeit, aber heißen: "Bye bye happiness, hello loneliness".

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