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Kultur 

MEINUNG

Die Kultur und der Plan

VON WALTER FINK

Eigentlich widersprechen sich die Begriffe: Kulturentwicklungsplan. Kultur ist nicht wirklich zu planen, kann nicht in ein Korsett gebracht werden. Kultur ist spontan, ist vielseitig, ist widersprüchlich, ist nicht in einen planenden Griff zu bekommen. Ein Plan nämlich will etwas festlegen, will einen Weg zeigen, der gangbar ist und von dem nach Möglichkeit nicht abgewichen werden soll. Ein Entwicklungsplan noch mehr, er bestimmt einen Punkt, an dem man sich befindet, legt einen anderen fest, zu dem man sich entwickeln will. Diese Widersprüchlichkeit hat man auch in Dornbirn erkannt, hat das, was man als Kulturentwicklungsplan begonnen hat, bei der ersten Präsentation in ein Kulturleitbild für die Stadt umbenannt. Das ist besser, trotzdem nicht ohne Widersprüche. Von solchen Haarspaltereien aber einmal abgesehen ist das, was man hier in Dornbirn versucht, höchst lobenswert. Der Rektor der Kunstuniversität Linz, Reinhard Kannonier, wurde nämlich - wie in dieser Zeitung schon ausführlich berichtet - mit der Erstellung eines solchen Leitbildes beauftragt. Und er hat sich dieser Aufgabe mit Akribie unterzogen.

Was als erstes zu bemerken ist: Man setzt sich in Dornbirn nicht unter Zeitzwang. Über Monate hat Reinhard Kannonier den derzeitigen Stand erfaßt, hat mit Verantwortlichen von Gruppen und Vereinen ebenso gesprochen wie mit Interessierten am Kulturbetrieb. Nun liegt eine erste Studie vor, die Grundlage für weitere Gespräche bilden soll. Nicht ohne Stolz wurde dieses Papier von Bürgermeister Wolfgang Rümmele und Kulturstadträtin Andrea Kaufmann präsentiert. Die geschwellte Brust ist nicht ganz unbegründet, ist doch Dornbirn die erste Stadt in Vorarlberg, die sich solcher Mühe unterzieht, die Kunst und Kultur genau unter die Lupe nimmt und eine Phase der Überlegung starten will, um möglicherweise zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Daß man das nicht unter sich im Stadtrat oder gar nur in der einen Fraktion unternimmt, sondern sich professionelle Begleitung sucht, zeigt die Ernsthaftigkeit des Unterfangens. Auch der Zeitraum, der nun eingeräumt wird, damit die vorläufigen Erkenntnisse von Reinhard Kannonier auf breiter Basis in Dornbirn diskutiert werden können, ist Zeichen dafür, daß man nicht schnelle Ergebnisse, sondern ernsthafte Befassung mit dem Thema wünscht. Das ist doch schon ziemlich erfreulich, könnte übrigens für andere Gemeinden auch eine Anregung zu ähnlichem Tun sein.

Was als zweites zu bemerken ist: Man hat kein vorgefaßtes Ziel im Auge, man scheint in Dornbirn - was in der Politik nicht selbstverständlich ist - offen für alle Möglichkeiten, die aus diesem nun in Vereinen und Kulturgruppen anlaufenden Diskurs entstehen können. Man macht sich auch keine Illusionen, wie Bürgermeister Rümmele meinte: "Mehr finanzielle Mittel werden kaum zur Verfügung stehen - aber vielleicht können wir mit dem vorhandenen Geld dann besser und zielgerichteter arbeiten." Was als drittes zu bemerken ist: Dornbirn verstand sich bisher nicht als Kulturstadt, versteht sich auch mit der Erstellung dieses Leitbildes nicht als solche. Allerdings hat man in einer Stadt, deren Selbstverständnis wohl mehr auf der wirtschaftlichen Ebene liegt, erkannt, daß wirtschaftliche Entwicklung heute ohne kulturelle nicht mehr vorstellbar ist. Das kulturelle Selbstverständnis einer Stadt oder einer Region ist heute entscheidend dafür, ob die Wirtschaft entsprechende Führungskräfte einbinden kann oder nicht. So gesehen wäre es allerdings sinnvoll, wenn sich eine solche Studie nicht auf Dornbirn allein beschränken würde, sondern zumindest das ganze Unterland, sinnvollerweise das ganze Land erfassen könnte. Möglicherweise ist die Vorarbeit von Dornbirn dazu Anlaß. Warum sollte nicht der eine vom anderen lernen dürfen?

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Die Meinung des Gastkommentators muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen. Auf Wunsch des Autors erscheint sie in der alten Rechtschreibung.




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