Kunstmarkt Archiv der Händler Das Zadik in Köln erforscht die Regeln und Schliche des
Kunstmarktes nach 1945 Was frühere Jahrhunderte angeht, haben die Wissenschaftler
keine Berührungsängste mit der wirtschaftlichen Seite der Kunst. Es gibt
genügend Material über römische Kunstagenten, den niederländischen Kunsthandel
des 17., die Vermarktungstrategien im England des 18. Jahrhunderts oder über
Rembrandt als Unternehmer. Der moderne Kunstmarkt nach 1945 dagegen ist immer
noch Brachland. Als einziges Institut hat sich das Zentralarchiv des
internationalen Kunsthandels (Zadik) mit Sitz in Köln die Aufgabe gestellt, die
Mechanismen des Marktes der bildenden Kunst der Nachkriegszeit aufzubereiten und
transparent zu machen. Material gibt es auch hier. 72 Galerien, darunter Änne Abels, Rolf Ricke und
Van de Loo, Alfred Schmela, Hans Mayer und Otto Stangl, dazu 27 Kritiker,
Sammler und Fotografen haben dem 1992 gegründeten Verein ihre Nachlässe
vermacht. Darunter sind Geschäfts- und Künstlerkorrespondenzen, wertvolle
Autografen, Gästebücher, an die 300000 Fotos aus Ateliers, Dokumente von
Ausstellungseröffnungen, ebenso Unterlagen des Staatlichen Kunsthandels der
DDR. Weniger reich ist das Institut an finanziellen Mitteln, die ihm für die
Zukunft garantieren könnten, die Unterlagen zugänglich und nutzbar zu machen.
Immerhin 350000 Informationen sind inzwischen von den Mitarbeitern erfasst. Mehr
als 6000 Dossiers stehen noch an. In den nächsten zwei Jahren will die Kölner
Sparkassenstiftung fürs Überleben sorgen. Für die Zeit danach sucht der Direktor
Günter Herzog weitere Geldgeber und Kooperationspartner, wenn der 48-jährige
Kunsthistoriker nicht gerade Unterlagen einer Galerieauflösung aus dem Container
fischt. Nur eine langfristige Finanzierung wird weiterhin Leihgeber motivieren, ihre
Unterlagen ans Zadik zu geben. So liebäugelt es beispielsweise mit dem
Fotoarchiv von Benjamin Katz, von dem es im Frühjahr die Ausstellung Nur zur
Verrechnung: Künstlerschecks zeigen wird. 70 künstlerisch gestaltete
Schecks von Rosemarie Trockel, Joseph Beuys, Martin Kippenberger, Andy Warhol
und James Lee Byars hat der in Köln lebende und arbeitende Fotograf zur
Verfügung gestellt. Mit 820000 Euro von der EU gefördert ist das von „basis wien“ koordinierte
Gemeinschaftsprojekt vektor. Innerhalb von drei Jahren sollen fünf
spezialisierte Archive in Frankreich, Großbritannien, Bozen, Kassel und Köln
eine international gültige Standardisierung zur Eingabe der Kunstdaten ins Netz
erarbeiten (www.vektor.at). Darüber hinaus arbeitet das Zadik im Rahmen von
vektor die Entstehungsgeschichte des Kölner Kunstmarktes im Jahr 1967
als Ursprung der inzwischen weltweit abgehaltenen Kunstmessen auf. Die
Ergebnisse sollen dieses Jahr in Form eines Katalogs veröffentlicht werden. Gleichzeitig plant das Zadik die zentrale Archivierung der Homepages von
Galerien und der Online-Kataloge der Auktionshäuser. „Viele Galerien“, so Günter
Herzog, „wickeln inzwischen einen großen Teil ihrer Öffentlichkeitsarbeit über
das Internet und über E-Mail-Aussendungen ab, aber zentral archiviert ist das
alles nicht. Damit verschwindet wertvolles Kulturgut im Datenhimmel.“ In den zehn Jahren seiner immer wieder gefährdeten Existenz hat sich das
Zadik in Fachkreisen einen Namen gemacht. Wochenlang recherchierten dort
Wissenschaftler aus dem Klee-Archiv in Bern, und mit Restitutionsfällen befasste
Provenienzforscher gehen im Archiv ein und aus
(www.zentralarchiv-kunsthandel.de). Die eigene Website wünscht sich der Archivleiter attraktiver; aber auch da
fehlt es an Mitteln. „Es ist eigentlich absurd“, sagt er, „dass wir so
dahinterher sind, die Daten elektronisch nutzbar zu machen, wo die Papiere im
Original wahrscheinlich um Jahrhunderte länger haltbar sind.“ Nicht nur aus
diesem Grund will das Archiv verstärkt den Bestand in Wechselausstellungen
präsentieren: Joseph Beuys in Fotos, Briefen und Dokumenten ist in Planung,
Förderer werden gesucht. Das große Interesse anderer, auch finanziell unvergleichlich besser
ausgestatteter Archive hat überhaupt erst zur Gründung des Zadik geführt. Als
der Kölner Galerist Paul Maenz seine Unterlagen Anfang der neunziger Jahre an
den Getty Trust in Kalifornien verkaufte, tat Handeln Not. Auch Teile des
Nachlasses des Kunstmarktexperten Willi Bongard sind dort gelandet. Nicht immer ist es einfach, die unterschiedlichen Aufgaben des Zadik zu
vereinbaren: das Renommee zu pflegen und damit die eigene Zukunft
sicherzustellen wie die der Bestände, aber auch für eine passable Präsentation
nach außen zu sorgen. Nur so aber wird das Institut auf Dauer weitere Nachlässe
einwerben können. Von all diesen Aktivitäten möchte man in Zukunft viel
hören.