Hauptausgabe vom 20.07.2002 - Seite 009
KUNSTVEREIN: Arnulf Rainers Sammlung von kreativen Außenseitern

Der berühmte "Nicht-Kunst"-Stöberer

VON DIETLIND HEBESTREIT

Unauffällige Formate, schlichte Inhalte: Leise schleichen sich Bilder und Skulpturen von 24 Kunstschaffenden in die Herzen der Besucher in der Galerie OÖ. Kunstverein im Linzer Ursulinenhof. Arnulf Rainer hat die Arbeiten in vier heimischen Ateliers persönlich aufgestöbert.

Das Besondere: Es handelt sich durchwegs um Einrichtungen für Menschen mit psychischer, geistiger und/oder körperlicher Behinderung. Für diese Verkaufsausstellung hat der arrivierte Künstler nicht nur eine anstrengende Reise durch diese Institutionen auf sich genommen und einige Arbeiten für seine eigene Sammlung erworben; Rainer leiht der Schau neben dem ironischen Titel "¼ nicht Künstler" auch seinen Namen.

Der Rundgang durch die Ausstellung ist vergnüglich. Herbert Kastner erzählt in Text und Bild von Ausflügen ins Linzer Stadion und in die "Zauberflöte". Ein freundlicher, brauner Hase (von Hiltraud Schmidt) erinnert frappierend an Dürer. Das Selbstbildnis "Ich und mein Hut" trifft die Künstlerin Erika Staudinger genau - was ein Vergleichs-Foto beweist. Christian Dobringer lässt neben seinem Pastell-Engel viel Weißraum für eigene Gedanken. Auch schnittige Deckfarbe-Autos (Gerhard Hirsch), grafische Landschaften (Wolfgang Steiner), Miniatur-Bus und -Rettungsauto aus Karton und anderen Materialien (Siegfried Mitterkalkgruber) und bunt-fröhliche Ölkreide-Bilder (Rosemarie Heidler) geben - neben vielen anderen Arbeiten - Einblick in die Gedanken- und Lebenswelt der Künstler.

Behindert oder nicht?

Ob diese Ausstellung "nur" Behinderten-Kunst oder "richtige" Kunst zeigt? Wie bei (fast) allen zeitgenössischen Gruppenausstellungen ist es auch bei den "¼ nicht Künstlern": Manche Arbeiten wirken belanglos, andere ansprechend und einige empfindet der Betrachter als echte Geschenke. Die Frage nach "behindert oder nicht" stellt sich dann nicht mehr.

Kunstverein/ Ursulinenhof (Linz): bis 26. Juli, Mo-Fr 15-19 Uhr


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