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19.06.2002 - Ausstellung
Die plastische Lassnig, eine Überraschung


Die Verwandtschaft mit Maria Lassnigs Körpergefühls-Bildern, ihren zahlreichen Varianten von Selbstdarstellungen oder Projektionen ihres Empfindens auf anderes ist evident. Aber warum hat sie ihre plastischen Versuche bisher nie gezeigt, sie seit Jahrzehnten vielmehr "heimlich" betrieben? Vermutlich weiß sie selbst, daß sie als Malerin überzeugender wirkt.

Als Ergänzung ihres zeichnerischen und malerischen Werks und im Bestreben, an Grenzen ihrer Ausdrucksmöglichkeiten vorzustoßen, verdienen die jetzt gezeigten Arbeiten immerhin Respekt. Sie vermitteln dieselbe Anstrengung, der sie sich als Malerin unterzieht. Das jeweilige Resultat kann den Kampf mit dem Material allerdings nicht verleugnen.

Ohne Datierung sind eine "Gehirnausschüttung" und ein mit Glasteilen bestückter "Schwarzer Kopf" jeweils aus Kunststein. Ferner eine kandelaberartige Bronze mit ihrer Öffnung im tragenden Körper wie ein Schrei: "Help!".

Zwischen den späten siebziger und den beginnenden achtziger Jahren entstanden eine "Sexgöttin", eine "Kreatur", zuletzt (1998) das kreuzigungsartige Gefüge "Eine Art Pietà". Ein paar Bildbeispiele begleiten das Ensemble.

Der alle fünf Jahre in Rubens' Geburtsstadt Siegen verliehene Pries wird dem kontinuierlich gestiegenen Ansehen Maria Lassnig gerecht. Vorgänger waren unter anderen Giorgio Morandi, Francis Bacon, Antoni Tàpies und Cy Twombly.

Die Preisvergabe ist mit einer Ausstellung im Siegener Museum für Gegenwartskunst verbunden. Sie wird dort am 23. Juni eröffnet und etwa sechzig Gemälde, Zeichnungen und Filme umfassen wird. Die nun 83jährige Künstlerin hat damit erneut an internationaler Reputation hinzugewonnen. K. S.

In Wien bis 16. Juli; in Siegen bis 1. September.



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