Die Verwandtschaft mit Maria Lassnigs
Körpergefühls-Bildern, ihren zahlreichen Varianten von Selbstdarstellungen
oder Projektionen ihres Empfindens auf anderes ist evident. Aber warum hat
sie ihre plastischen Versuche bisher nie gezeigt, sie seit Jahrzehnten
vielmehr "heimlich" betrieben? Vermutlich weiß sie selbst, daß sie als
Malerin überzeugender wirkt.
Als Ergänzung ihres zeichnerischen und malerischen Werks
und im Bestreben, an Grenzen ihrer Ausdrucksmöglichkeiten vorzustoßen,
verdienen die jetzt gezeigten Arbeiten immerhin Respekt. Sie vermitteln
dieselbe Anstrengung, der sie sich als Malerin unterzieht. Das jeweilige
Resultat kann den Kampf mit dem Material allerdings nicht verleugnen.
Ohne Datierung sind eine "Gehirnausschüttung" und ein mit
Glasteilen bestückter "Schwarzer Kopf" jeweils aus Kunststein. Ferner eine
kandelaberartige Bronze mit ihrer Öffnung im tragenden Körper wie ein
Schrei: "Help!".
Zwischen den späten siebziger und den beginnenden
achtziger Jahren entstanden eine "Sexgöttin", eine "Kreatur", zuletzt
(1998) das kreuzigungsartige Gefüge "Eine Art Pietà". Ein paar
Bildbeispiele begleiten das Ensemble.
Der alle fünf Jahre in Rubens' Geburtsstadt Siegen
verliehene Pries wird dem kontinuierlich gestiegenen Ansehen Maria Lassnig
gerecht. Vorgänger waren unter anderen Giorgio Morandi, Francis Bacon,
Antoni Tàpies und Cy Twombly.
Die Preisvergabe ist mit einer Ausstellung im Siegener
Museum für Gegenwartskunst verbunden. Sie wird dort am 23. Juni
eröffnet und etwa sechzig Gemälde, Zeichnungen und Filme umfassen wird.
Die nun 83jährige Künstlerin hat damit erneut an internationaler
Reputation hinzugewonnen. K. S.
In Wien bis 16. Juli; in Siegen bis 1. September.
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