Wie ein Schmetterling

Adolf Frohner im Kunstforum Wien.
Von Dorothee Frank.


Im größten, zentralen Raum des Kunstforums hängt eines der imposantesten Adolf-Frohner-Bilder aus den 90er Jahren. Format: dreieinhalb mal zwei Meter. Genauer Titel: "Der Raupenfresser und Schmetterlingsscheißer".

Das Bild

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Links ein weißer Kopf im Profil, der riesige Raupen verschlingt. Rechts oben: gespreizte Beine, unter denen sich ein Schmetterling entfaltet. Für Adolf Frohner ein Sinnbild, eine Allegorie auf das, was ein Künstler macht: Er nimmt auch etwas Ekliges auf, die Wirklichkeit, wie eine Raupe.

Frohner beschreibt es folgendermaßen: "Der Künstler greift diese Raupe an und in der Metamorphose, in der Verwandlung scheißt er dann das Schönste aus, was es gibt, den Schmetterling, ein kostbares, kurzlebiges, sehr zartes Ding, das die Kunst ist."

Die Farbe Rot

Das ganze Bild setzt sich aus dem dynamischen Schlingen- und Strichgewirr zusammen, das für Adolf Frohner typisch ist. Genauso typisch die dominierende Farbe: helles, strahlendes Rot. Mit den Jahren haben die Rosttöne und Schwärzen in Frohners Arbeiten einer intensiven Rotpalette Platz gemacht.

"Schwimmen oder fliegen", 2000 (Zum Vergrößern anklicken)
Rot ist für Frohner das Diesseitige, die Farbe des Lebens. "Es gibt vom zartesten Rot bis zum tiefsten Blaurot eine Skala, die ich sonst in keiner Farbe verwenden könnte. Ich bin heute in der Lage zwischen 30, 40 Rot zu unterscheiden."

Der Tod

Adolf Frohner malt meistens nackte Figuren, mit kräftigen, zerrbildhaft verformten Rundungen. Seine Menschen sehen aus wie ins Bild geworfen. Immer wieder stellt er die bekannte Dualität "Eros und Tod" dar, in barock übersteigerten Szenen.

Adolf Frohner war ein Kriegskind. In Groß-Inzersdorf, wo er aufgewachsen ist, hat er als Zehnjähriger vom Krieg sehr viel mitbekommen. In seiner Erinnerung beschreibt er seine Erlebnisse sehr drastisch: "Es waren Soldaten da, es wurde geschossen. Viele Tote waren zu sehen, Leichen wurden bestattet, Kadaver wurden wieder ausgegraben und die Kadaver haben gestunken - der Tod war mir nichts Fremdes."

Schwarzer Sessel, 1962 (Zum Vergrößern anklicken)
Schwarzer Sessel, 1962 (Zum Vergrößern anklicken)
In den 60er Jahren beginnt Frohner, parallel zur Malerei auch skulpturale Bilder und Objekte aus gefundenen Gegenständen zu machen. Im Kunstforum sind etliche der Matratzenbilder ausgestellt. Aufgeschnittene, übermalte Matratzen, aus denen die Füllung herausquillt wie aus Körpern nach einem Granatenangriff. Matratzen deshalb, weil sie für Frohner dem Menschen viel näher sind als ein Marmorblock - den Tod und die Geburt tragen sie in sich und auch ein halbes Leben.

Wiener Aktionismus

1962 mauerten sich Adolf Frohner, Hermann Nitsch und Otto Mühl drei Tage lang in einen Keller ein und schrieben das Manifest "Die Blutorgel". Dieses legendäre Ereignis gilt als der eigentliche Beginn des Wiener Aktionismus. Im damaligen restaurativen Kulturklima verursachte die Aktion einen ausgewachsenen Skandal. Grund dafür seien, so Frohner, all jene Leute gewesen, die sowohl während der NS-Zeit als auch danach an den gleichen Stellen saßen. Die Kunst aber habe in erster Linie die Aufgabe, Zeit sichtbar zu machen.

Längst gehört Adolf Frohner heute zu den etablierten, hoch dekorierten Künstlern des Landes, war Meisterklassenleiter und Vizerektor der Hochschule für Angewandte Kunst. Gegenüber dem heute jeweils als modern und jung geltenden Kunstgeschehen bleibt ihm aber eine gewisse Skepsis.

Tipp

Die vom 17. Jänner bis 4. März zugängliche Frohner-Ausstellung im Kunstforum Wien wird anschließend im Von der Heydt-Museum Wuppertal und im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloss Gottorf gezeigt.

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