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Affen, Eidechsen und anderes Getier

02.04.2008 | 18:04 | DANIELA TOMASOVSKY (Die Presse)

DOROTHEUM. Am 15. April beginnt mit den „Alten Meistern“ die erste Auktionswoche des Hauses. Mehr als 350 Bilder werden versteigert – von Paul Troger bis Jan van Dyck.

Es sieht recht unscheinbar aus und findet sich erst ganz hinten im Katalog (Nr.104): Gerard Horenbouts „Die Anbetung der Hirten“ (Schätzwert 28.000 bis 35.000 Euro) ist für Kunsthistoriker ein besonderes Gustostück. „Es handelt sich um ein Tüchleinbild aus dem 15.Jahrhundert. Das Bild ist ohne Grundierung auf eine dünne Leinwand gemalt und damit eine große Seltenheit“, erzählt Peter Wolf, Experte für alte Meister im Dorotheum. Eine weitere Besonderheit zeichnet das Gemälde aus: Das Engelshaar, die Strahlenkränze und die Mantelbordüre bestehen aus fein zerriebenem Blattgold.

Der bedeutendste Gemäldefund ist ein Ölbild des Italieners Guido Reni. Reni war um 1614 Oberhaupt der Bologneser Schule und einer der führenden Maler Europas. Experten haben in dem 165 x 131,5 Zentimeter großen Werk „Die Magdalena“ ein eigenhändiges Oeuvre des Meisters entdeckt. Das Bild wird um 1611 datiert und stellt möglicherweise den Prototyp diverser bekannter Wiederholungen des Künstler dar. In weichen Farben gemalt zeigt das Gemälde die Dichotomie zwischen irdischer Sinnlichkeit und himmlischer Erhabenheit auf. Der Schätzwert dieses Reni liegt bei 250.000 bis 300.000 Euro.


Bylert verspricht hohe Steigerung

Ein weiteres Glanzstück der Auktion: Die Ölskizze „Rebecca am Brunnen“ von Giovanni Battista Tiepolo (Schätzwert: 145.000 bis 165.000 Euro). Das 28 x 38,5 Zentimeter große „Modello“ diente Tiepolo als Vorbild für eine größere Komposition, von der sich mehrere Werkstattwiederholungen erhalten haben.

Mit bekannten Namen zu geizen kann man dem Dorotheum diesmal wirklich nicht vorwerfen: Ein Van Dyck („Diana mit ihren Gefährtinnen am Brunnen“) findet sich im Katalog, ein Francesco Guardi („Capriccio einer Insel in der venezianischen Lagune mit Blick auf den Turm von Morghera“), ein Jan Bylert („Bacchanal“). Von Letzterem verspricht sich Wolf besonders viel. „Der Schätzwert beträgt 80.000 Euro, aber wir rechnen hier mit einer stärkeren Steigerung.“

Einer der bekanntesten Landschaftsmaler der Niederlande ist dagegen noch vergleichsweise günstig zu haben: Jan Joszef van Goyens „Holländische Dünenlandschaft mit Bauernhäusern und Bauern“, Schätzwert 25.000 Euro. Der sparsame Farbauftrag, das Einbeziehen des durchscheinenden Malgrundes und die Beschränkung auf eine fast monochrome Palette, machen Goyens Bilder auch in der unglaublichen Fülle hervorragender holländischer Landschaftsmalerei des 17.Jahrhunderts unverwechselbar.

Zu den herausragenden Stillleben des Katalogs zählt Jacob Marells „Großes Blumenstück mit Melonen, Reptilien und einem Papagei“. Es ist ein 85 x 81,5 Zentimeter großes Ölgemälde, dass sich durch große Detailgetreue auszeichnet: Eine der Eidechsen hat gerade ihren Schwanz abgeworfen, und Käfer, Schmetterling und Blumen zeugen von scharfer Beobachtungsgabe des Künstlers. Der Schätzwert beträgt 80.000 bis 120.000 Euro.

Tiere spielen auch in dem dem Umkreis von Ferdinand van Kessel zugeschriebenen „Affengesellschaft beim Kartenspiel“ die Hauptrolle. Die Darstellung ist als humorvolle Belehrung anzusehen: Derjenige, der sich den sinnlichen Genüssen hingibt, der seinen Instinkten folgt und sich von weltlichen Begierden verführen lässt, begibt sich auf die gleiche tierische Ebene wie diese Affen. Affen galten übrigens in der flämischen Kunst als eine Art Alter Ego des Menschen: Sie verkörpern sein sündiges Leben, seine kleinen, alltäglichen Schwächen.

Liebhaber heimischer Kunst kommen bei der Auktion ebenfalls nicht zu kurz: Eine Skizze Paul Trogers zum Hochaltarbild in der Stiftskirche von Altenburg wird auf 28.000 bis 35.000 Euro geschätzt.


Zum Abschluss: Juwelen

Zweitwichtigste Sparte nach den „Alten Meistern“ sind für das Dorotheum die Gemälde des 19.Jahrhunderts. Sie kommen am 16.April unter den Hammer. Besonders hervorzuheben sind hier Oswald Achenbachs „Campagnelandschaft“ (Schätzwert: 70.000 bis 90.000 Euro), Gavril Kondratenkos „Ansicht von Florenz“ (Schätzwert: 100.000 bis 120.000 Euro) oder Friedrich Gauermanns „Herde mit Hirten und Bauernmädchen am Seeufer“ (Schätzwert 90.000 bis 110.000). Abgeschlossen wird die Auktionswoche mit Antiquitäten (17.April) und Juwelen (18.April).

www.dorotheum.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2008)


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