Aber zum einen ist Michael Moore in seinen Dokumentarfilmen kein Sofahocker, sondern hechtet ganz im Gegenteil schon mal einem Abgeordneten vor dem Kapitol hinterher. Und zum anderen entstand "Houses of the Holy" von Jan Jakub Kotík 2005, also ein Jahr nach dem Film. Trotzdem: irgendwie schade.
Das Private: Ort des letzten Widerstands
Kotiks vieldeutiges Wohnzimmer-Inventar verdeutlicht, ebenso wie die Arbeiten von acht weiteren Künstlern aus Prag, wie das Politische und viel mehr noch die Konsumwelt als "Invasion" ins Private drängte. "Prag 06. Innenansicht", heißt daher die von Alberto di Stefano kuratierte Ausstellung, die das Bild des persönlichen Lebensbereichs auf verschiedenste Weise deutet: Als letztes Rückzugsgebiet des Intimen etwa oder gar als Ort des letzten Widerstands des Individuums gegen äußere gesellschaftliche und politische Einflüsse.
Die Trennung von Privaten und Öffentlichen ist im Falle Tschechiens auch eine Art Spezifikum. Denn, so di Stefano, Leiter des Prager Galerieprojekts Futura im Katalog, "sogar in der Zeit des Kommunismus gab es eine stillschweigende Übereinkunft, nach der es möglich war, Propaganda und Ideologie aus den eigenen vier Wänden auszusperren."
"Prag 06" will zeigen wie die "Generation zwischen den Stühlen", also genau jene heute 25- bis 35-jährigen KünstlerInnen, die bereits vor der Wende in die Schule gingen und den beginnenden Kapitalismus bis zur einsetzenden Globalisierung bewusst miterlebt haben, dieses Eindringen von Konsum und Medien erlebt haben. Mit humoriger und (selbst-)ironischer Leichtigkeit spiegeln die versammelten Arbeiten die Veränderungen ihrer Lebenswelt wieder. Auch dort wo es nostalgisch wird, bleibt die Ausstellung stimmig und keinesfalls kitschig.
Seelenstriptease zwischen Gemüse- und Eisfach
So öffnet uns Tereza P. Velíková die Kühlschränke ihrer Studienkollegen: Butter, Fleisch, Milch in verschieden Frischegraden - ein Seelenstriptease zwischen Gemüse- und Eisfach. Zeig mir deinen Eiskasten und ich sag dir wer du bist - oder aber wo du keinesfalls deinen Lieblingskäse lagern möchtest. Ebenso nutzt Veliková Found Footage aus der stilisierten, gefühlsschwangeren TV-Werbewelt um daraus filmische "True Storys" zu montieren. Jan Nalevka agiert ähnlich: Die Sonderangebote der Hyper-Supermärkten schneidet er zu einen unwiderstehlichen mit sentimentaler Musik unterlegten Filmabspann zusammen, der selbst die 'Schmutzwasser-Tauchpumpe 550 Watt' zu einem begehrlichen Objekt erhebt.
Daneben hinterfragt Michaela Thelenová den Wahrheits- und Vertrauensgehalt medial erzeugter Bilder, indem sie in ihren Ditpychen Satellitenbilder mit Hilfe von Alltagsmaterialien - Lebensmittel, Stoff oder Spielzeug - imitiert: Einmal ist es tatsächlich Alaska, einmal jedoch nur ein fettdurchzogenens Stück rohen Fleisches, dekoriert mit buntem Stickgarn.
Die infantile Faszination der westlichen Warenwelt führt Jan Kadlecs mit seinem "Mc Bed" vor. Kopf und Füße zwischen zwei gelbe Leuchtschriftbuchstaben gebettet, könnte sich der reale Konsumtraum bald als unerbittlicher Nightmare entpuppen. Fluchtalternativen bieten da die Räume der Erinnerung, die Eugenio Percossi Schwarz-Weiß-Fotos aus den Dreißiger Jahren nachempfindet: Die vollkommene Farblosigkeit der kargen Interieurs verdeutlicht aber nur einmal mehr die Unmöglichkeit, Vergangenes festzuhalten. Auch Illusionen unterliegen der Vergänglichkeit.