Er hat die Architektur, das Design und die
Fotografie des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst: Alexander
Michailowitsch Rodtschenko.
1991 hat das MAK ihm sowie seiner Künstlerkollegin und Ehefrau Warwara
Stepanowa eine große Schau gewidmet, die danach ins Puschkin Museum nach
Moskau wanderte. Diese Schau namens "Die Zukunft ist unser Ziel" hatte zur
Folge, dass dem MAK ein Konvolut von Originalabzügen nach Negativen des
Künstlers geschenkt wurde. Die nun in der Galerie präsentierten
"Raumkonstruktionen" sind aber auch Resultat einer Zusammenarbeit mit dem
Shusev State Museum of Architecture (MUAR) in Moskau und der dortigen
Universität für Design.
Skulpturen aus Pappe
Kinetische, konstruktive und teils frei schwebende Skulpturen aus Pappe
und Holz hatte Rodtschenko in den frühen 20er Jahren mit seinen Studenten
in den höheren künstlerisch-technischen Werkstätten (Wchutemas)
erarbeitet. Sein dazu erhaltenes Skizzenbuch ist ein Inventar dieser
leider nicht mehr im Original erhaltenen Objekte. Aber bevor diese Gebilde
zerstört wurden, fotografierte sie der Künstler. Einige wenige Kopien
dieser Fotos sind – meist in Privatsammlungen – erhalten. Möglicherweise
hielt der Künstler diese Experimente für zu radikal, eher aber waren sie
nur als Demonstrations-Modelle für den Unterricht vorgesehen und nicht für
weitere Verwendungen gedacht.
Das Staunen lehren
Nun wurden diese Raumgebilde nachgebaut und neben die vorhandenen
kleineren und größeren Skizzenblätter gestellt oder gehängt.
Ihre Radikalität zeigt sich nicht nur in der konstruktiven Logik, das
Revolutionäre liegt auch in der totalen Akzeptanz technischer
Möglichkeiten und in der daraus resultierenden Dynamik. Neben den
nachgebauten markantesten Beispielen gibt es noch 27 weitere Skizzen, die
das Staunen lehren. Die vor nun bald 90 Jahren entstandenen Formen wirken
bis heute in Architektur, Grafik, Fotografie und im Design weiter. Gerade
die Vermischung der Künste war überaus zukunftsweisend.
Die russische Avantgarde des beginnenden 20. Jahrhunderts ist also
heute – obwohl damals undenkbar – ein "Klassiker" geworden. Ohne diese
Vorläufer wäre etwa zeitgenössische Architektur undenkbar.
Das "Frische" (Peter Noever) der damaligen Kunstauffassung, die auch
das Nebensächliche – wie Treppen, Lifte, Antennen oder Masten – in
Augenschein nahm, erweist sich als immer noch aktueller Gedanke. Auch
Möbel, Plakate, oder Bucheinbände haben bis heute von den gestalterischen
Möglichkeiten konstruktivistischer Welten profitiert.
Ausstellung
Alexander Rodtschenko. Raumkonstruktionen
Peter Noever, David
Sarkisyan, Alexander Lavrentiev (Kuratoren)
MAK Galerie bis 26.
Feber
Das Wunder langen Nachlebens konstruktivistischer Form.
Mittwoch, 28. Dezember
2005