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vom 13.10.2005 - Seite 025
"Ich hab' nie aufhören können"

www.thomassteiner.com: Das ist die eine Möglichkeit, Werke des Linzer Künstlers Thomas Steiner kennen zu lernen. Die OÖN wählten die zweite: Eine Fahrt zu seiner Wohnung im idyllisch gelegenen Mühlviertler Schloss Eschelberg.

VON IRENE JUDMAYER

Der frühe Herbst hat den Laubwald kurz hinter Rottenegg bereits bunt gefärbt. Die roten, grünen, mitunter schon gelben Blätter leuchten in der Mittagssonne. Ein Farbfeuerwerk, das bestens einstimmt auf einen Kunstbesuch im Schloss Eschelberg. Hier, an einem der schönsten Plätze im oberen Mühlviertel, hat sich während der letzten Jahre eine wahre Kolonie bildender Künstler angesiedelt. Einer davon ist der 1956 in Linz geborene Zeichner und vielfach prämierte Experimental-Filmer Thomas Steiner.

Zwei große Räume sind ihm hier sowohl Wohn- als auch Arbeitsraum. Dicht an dicht drängen sich die Bilder in den raumhohen Regalen. Dicht an dicht die Behälter mit Farbpigmenten, die Steiner für seine Bilder selber anrührt. Dicht an dicht die Tische mit aktuellen Werken, an denen der Stadtwerkstatt-Mitbegründer parallel arbeitet. Ein blank poliertes Cello lehnt an der Wand. "Ich spiel' gern, aber sauschlecht. Die Noten kann ich nicht!". Was Steiner jedoch kann, offenbart sich auf besagten Tischen.

Persönlicher Duktus

Über ein Gitterwerk farbig differenzierter Balken und Flächen spannt sich ein Gespinst von Linien. Wie seismographische Spuren vor, während und nach einer inneren Befindlichkeitsexplosion. "Immer", sagt Steiner auf die Frage, wann er eigentlich zu zeichnen begonnen habe. Diese ersten Bilder gibt es noch: "Bei meiner Mama in Linz. Auf dem Dachboden in einem Kasten." Steiners Großvater war Architekt, sein Vater Statiker. Alle stark im Konstruktiven? "Ja, die schon, aber ich nicht. Als ich kurz überlegte, Architektur zu studieren, war die Reaktion zuhause nur ein: Spinnst? Aber das an der Zeichenmaschine stehen hätte mir sowieso nicht getaugt!"

Seine Sprache ist immer dem persönlichen Duktus verhaftet. Auch in der Trickfilmerei, zu der Steiner übrigens während seines Studiums an der damaligen Linzer Kunsthochschule gekommen ist. "Ich machte zwar das Lehramt, bin aber immer hinausgegrast. Radieren zu Alfred Billy oder Aktzeichnen zu Dietmar Brehm." Und zu Peter Puluj, der in ihm das Trickfilm-Virus weckte.

Malerei als Trickfilm

In diese Zeit an der Linzer Kunsthochschule fiel auch die Gründung der Stadtwerkstatt, wo es für ihn viel Inspiration gab. Die resultierte u. a. in berühmt-berüchtigten Konzerten seiner vokal höchst schrägen "Urfahrwänd Chöre".

Anschließend studierte Steiner dann in der Klasse Maria Lassnigs in Wien: "Dort zeigte mir Hubert Sielecki, dass auch Malerei Trickfilm-Basis sein kann. Damals hab ich etwa so total dicke Schwarten gemalt, wie's halt modern war. Und den Aufbau dieser Ölbilder hab ich Schicht für Schicht abgefilmt. Der Prozess war super. Dieses Entwickeln eines Bildes unter der Kamera. Das kam mir sehr entgegen. Denn: Ich hab' einfach nie aufhören können."

Sinnliches Ergebnis

In Oberösterreich wohnte er dann u. a. in Oberbuch, der berühmten Druckwerkstatt von Rudi Hörschläger. Dort trieb ihn Otmar Zechyr zur Radierung an und Hörschläger zu Material-Experimenten. "Wir haben miteinander viel lernen können." Gelerntes, das Steiner aktuell in "vier systemischen Ebenen abhandelt". Was heißt: Auf farbige Flächen wird gezeichnet, dann manches abgedeckt, das Verbleibende übermalt, wieder bezeichnet, abgedeckt usw. "In meinen Projekten realisieren sich Beziehungen", sinniert er.

Ein Blick auf seine Bilder genügt, und es folgt prompt die feine Erkenntnis, dass dieser doch sehr theoretisch wirkende Anspruch in ein höchst sinnliches Bild-Erlebnis mündet.

Kontakt: 0699 111 74 957.

Thomas Steiners dichte Werk-Regale: Bilder über Bilder (Judmayer)

T. Steiners "Top of"

· Literatur: "Ja, mei: Elias Canetti und Thomas Bernhard"

· Musik: "Was Ö1 so bietet"

· Essen: "Fisch in jeder Form, außer paniert"

· Urlaubsorte: "eindeutig: Mexiko und Indien"

· Hobbys: "E-Gitarre spielen und Garteln - was bei mir heißt: Himbeeren frisch vom Strauch weg essen. Naja, aber - mein Lieblingshobby ist eigentlich: in die Sonne schauen und wegpüseln - also: einfach nichts tun¼"


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