Quer durch Galerien
Zwei Schatten wirft die Frau
Von Claudia Aigner
Ich
stelle mir das in etwa so vor: Ein einsamer Bergsteiger am Ende seines
Sauerstoffs schleppt sich verbissen die letzten Höhenmeter zu einer
Kapelle hinauf, öffnet weihevoll schnaufend, geradezu pastoral den kleinen
Schnitzaltar, und drinnen: der Busen der Natur. Nein, gleich beide . . .
äh "Tetrapaks" von Mutter Natur, die noch dazu in Geberlaune ist,
jedenfalls ziemlich aufdringlich, fast marktschreierisch am "Ausguss" des
linken "Milchpackerls" hantiert (jetzt gehen mir wirklich bald die
Euphemismen, also Diskretionen aus), während dem davor knienden
Naturburschen andächtig das Wasser im Mund zusammenrinnt - in religiöser
Ergebenheit. Quasi eine Maria lactans der Gipfelstürmer, die ja auch zu
den Säugetieren gehören. Bernhard Tragut (bis 28. Februar beim Hilger,
Dorotheergasse 5), der diesen Altarschrein in naivster Volksfrömmigkeit
geschnitzt und farblich hingebungsvoll gefasst hat (hingebungsvoll rosa
zum Beispiel), könnte natürlich auch eine komplett andere Motivation
gehabt haben, ausgerechnet eine aufklappbare Wollmütze aus Lindenholz zu
schnitzen, in der, bei weggeklappten "Altarflügeln", ein nackter
weiblicher Oberkörper in voller Säugungsabsicht zum Vorschein kommt, und
das ganze Ding auf einer zweiten Pudelhaube fußen zu lassen, in deren
Öffnung (dort, wo man das Hirn wärmt, wenn man sich ins Schneemilieu
begibt) ein Bergfex hineingemalt ist. Genauso gut passt der Schrein in
eine Skihütte: als Götzenbild (für den Après-Ski-Fruchtbarkeitskult), vor
dem man devot um den erfolgreichen Einkehrschwung bei der Damenwelt
bittet. Jedenfalls ist wohl auch dem Tragut die topografisch
metaphorische Ähnlichkeit nicht entgangen zwischen den Gebirgsmassiven und
dem Umstand, dass Frauen vorne zwei Schatten werfen. Ohne damit jetzt aber
behaupten zu wollen, dass, sagen wir: Reinhold Messner schon als Säugling
(an der mütterlichen Anatomie) seine ersten Gipfelsiege errungen hätte und
deshalb bereits damals auf das Erstürmen der höchsten Punkte geprägt
worden wäre. Traguts Stärke ist die Liebe zu herzhaft oder verschämt
ironischen Details. Adam und Eva, die Ureltern der Mode, die den Urslip
vom Feigenbaum gepflückt haben, tragen Badeschlapfen, Badehose und einen
Sonnenbrand, der dort, wo er nicht hingekommen ist, heftige
Bekleidungsversuche erkennen lässt. Der zweimal angebissene Apfel, die
Frucht jener Erkenntnis, dass eine Nachfrage nach Gewandung besteht,
müsste ja eigentlich das Zunftzeichen der Modeschöpfer sein. Picasso,
das ist bekanntlich der Mann, der eine blaue Periode hatte. Die
herkömmliche Damenhygienewerbung, wo es fern jeder Biologie aquarellig
blassblau hergeht, ist keine "Hommage an Picasso". Könnte in der füllig
quellenden Schau beim Exner (Rauhensteingasse 12, bis 23. Februar) aber
durchaus gezeigt werden, wo doch auch Andrea Kasamas ein euphorisch
blaues, wild abstraktes Bild lapidar nennt: "Auch die Farbe Blau." Ro-bert
Kabas (und das hat mehrfachen Witz) hat zwei Papierwürfel (wohlgemerkt:
Kuben) so zerlegt, dass sie sich simpel anthropomorph unterhalten: "Braque
klärt Picasso über den Kubismus auf." Irgendwie bin ich in die beiden
genial banalen "Kubisten" (ich meine jetzt die Schachteln) ganz vernarrt.
Christo dagegen hat einen frei herumstehenden Picasso einfach eingepackt.
Eine Form von ehrfürchtiger Zensur (oder optischer Evakuierung aus der
Öffentlichkeit). Picassos Hang zum Stier: Beim Hubert Fischl-hammer
balanciert eine rote Mondsichel (die Stierhörner) wagemutig in einer
verspielt strikten geometrischen Welt herum. Ich zumindest musste wohlig
schmunzeln. (Keine Ahnung wieso.)
Erschienen am: 13.02.2004 |
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