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Fünf prickelnde Botschaften der Gefühlswelt

"Ich zeichne zum Beispiel, was ich täglich erlebe in meiner Freizeit, und bei den musikalischen und kulturellen Anlässen." - so der Künstler Herbert Kastner junior bei seiner Eröffnungsrede zur aktuellen Ausstellung in der Linzer Galerie Paradigma. Dort stellen bis 26. April mit Thomas Pühringer, Rosemarie Heidler, Christian Kapeller, Herbert Schlossern und Kastner fünf Künstler des Ateliers im Diakoniewerk Gallneukirchen aus. Fünf Künstler mit einem geistigen "Handicap". Fünf spannende, fünf radikal unterschiedliche Herangehensweisen, die doch eines gemeinsam haben: ihre unglaubliche Direktheit, die wohl auf die besonders wache Wahrnehmung, auf die andere Ebene der Abgrenzung bei diesen Künstlern zurückzuführen ist (Lesen Sie dazu auch den Kommentar auf dieser Seite).

Zurück zu Herbert Kastner junior: Aus seinem Anspruch hat sich eine Art Tagebuch ergeben. Jedes Werk steht unter dem Generalmotto "Mein heutiges Thema", was zusätzlich zu den Bildbotschaften als Information über das Dargestellte geschrieben wird. Die Inhalte reichen vom Jugendlager in London über Kastners Liebe zur Musik bis zu Tod und Terror in Luxor. Kastners bildnerisches Vokabular ist eine zwingende, luftig wirkende Mischung aus Linien und aquarellierten Flächen.


Erfreulich ungebremst

Im energetischen Gegensatz dazu stehen die kräftigen, großen Gesten des Herbert Schlossern. Er ballt zumeist einfärbige Ölkreidestriche zum dichten undurchdringlichen Gespinst zusammen, aus dem sich kaum merkbar kleine Köpfe geflügelter Wesen strecken. Es ist erstaunlich, wie Schlossern trotz des fast manischen Setzens von Strich an Strich einen dermaßen lyrischen, impressionistischen Ausdruck transportiert.

"Mama!" steht in dicken Lettern auf vielen der farbkräftigen Bilder von Rosemarie Heindler. "Mama!" auch, wenn Tiere darauf zu sehen sind. Heindlers Bilder sind ein wesentliches Mittel der Kommunikation, denn die Künstlerin kann nicht sprechen. Das tun ihre stark konturierten, kontrastreichen Arbeiten für sie und vermitteln Angst vor starken Bezugspersonen ebenso wie die heftige Sehnsucht nach ihnen.

Neben einer Auswahl der in den OÖN erst kürzlich besprochenen prächtigen "Sesselbilder" von Thomas Pühringer sind in der Paradigma auch noch die flirrenden Zeichnungen von Christian Kapeller zu sehen: eng über- und aneinander gestellte Ölkreidelinien, Gesichter und Häuser, mit unerschöpflich scheinender Energie gebündelt zu explodierenden Sträußen.

Eine Ausstellung, die im Gegensatz zur derzeit in vielen Galerien vorherrschenden Konzeptkunst erfreulich ungebremste Emotion vermittelt.

Paradigma/Linz, Landstraße 79: bis 26. April (Info: 0732 / 603 848).


OÖN vom 09.04.02 zuletzt geändert am: 08.04.02 14:17:17


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