Mysteriös wie Mrs. Columbo
Von Claudia Aigner
Und wenn er nicht gestorben ist, dann kommt er auch heute
wieder nicht. Nämlich jener Mann, dessen Existenzberechtigung in seiner
notorischen Abwesenheit besteht und von dem wohl genauso viele Menschen
ein Phantombild zeichnen könnten wie von Mrs. Columbo. Die Rede ist von
Herrn Godot. Wenn eine Ausstellung "Komme gleich - Godot" heißt,
rechnet man im schlimmsten Fall mit leeren Galeriewänden. Aber das genaue,
sehr bunte Gegenteil ist der Fall. Christoph Schirmer (bis 10. März in der
Galerie Ariadne, Bäckerstraße 6) ist ja kein Konzeptkünstler. In seiner
sehr dekorativen Bilderserie, die eine raffinierte Mischung ist aus
abstrakten Mustern und Illusionsmalerei, aus flacher Farbe und immer
wieder Dichtmasse oder Zargenschaum, hat ein gewisser Mulder (der Agent
aus dem Fernseh-FBI) den Auftrag, Godot aufzuspüren. Und weil dem Agenten
Mulder ja sogar die Außerirdischen zulaufen wie zutrauliche (oder
tollwütige) Hunde, findet er ihn schließlich auf dem Blueberry Hill. Und
jetzt, wo Godot schon mal gefunden ist, könnte ihn Richard Lugner ja
theoretisch auf den nächsten Opernball mitnehmen, wobei er aber darauf
gefasst sein müsste, dass sich sein Überraschungsgast bis Aschermittwoch
verspätet. Abstraktion ist in diesen höchst disziplinierten,
aufwendigen und wirklich fulminanten Bildern gewürzt mit anekdotischen
Details, mit witzigen Texteinlagen, Weltkarten oder Labyrinthen. Die
Schrift ist dabei dermaßen dicht mit dem Bildmuster verwoben und schwer
lesbar, dass der Betrachter sich die Pointen "errätseln" muss. Etwa, dass
Godot zwar theoretisch da ist, aber . . . ("Godot kommt morgen, aber
morgen ist Sitzung"). So bildet alles eine dekorative Einheit (für
Analphabeten sowieso). Wenn es nicht ein bisschen merkwürdig klingen
würde, würde ich sagen: Man hat eigentlich schon das dringende Bedürfnis,
sich einen Schnorchel in den Mund zu stecken und einfach in die Bilder
hineinzuspringen und im unglaublich dichten ornamentalen Reichtum
abzutauchen. Den Namen dieses einfallsreichen, erst 22 Jahre alten
Künstlers kann man sich guten Gewissens merken. Intim und beschaulich
wie eine finnische Sauna (aber nicht ganz so streng eingerichtet): Wenn
Christine & Irene Hohenbüchler (bis morgen im Raum aktueller Kunst,
Eschenbachgasse 11) in einer klaren und trotzdem sinnlichen
Rückzugsinstallation das Biedermeier bis zum heutigen Tag ausdehnen, dann
schwant einem Politisches. ". . . 1815 - 2001 . . ." besteht aus einer
Holzvertäfelung und Holzbänken, und in der Mitte liegen abstrakte, bunte
"Glasfrüchte" auf einem Hirtenteppich, also auf dem gemütlichen Rasen für
drinnen. Ein Innenraum-Garten zum Anschauen und Meditieren sozusagen
(oder, wenn man so will, könnte das auch so etwas wie der Zen-Garten von
Ferdinand Georg Waldmüller sein). Und wer darin nicht ein ironisches
Wiederaufleben einer Stubenhocker- bzw. Privatlebens-Kultur erblicken
will, den Rückzug ins völlig, komplett, total private Leben, der sieht ja
immer noch eine ansprechende Rauminstallation voller Ordnungsliebe und
voller Materialreize.
Erschienen am: 02.03.2001 |
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