Paul McCarthy mitten in seiner Videoinstallation "Carribean Pirates" in der Sammlung Friedrichshof, die am Samstag, 30. 10. (ab 17 Uhr), neu eröffnet wird.
Zurndorf - Der Lärm ist fast ohrenbetäubend. 14 Projektoren werfen ihre Bilder an die Wände und vermutlich addieren sich ebenso viele Tonspuren zu einem Tosen, das dem Hörer geradezu Gewalt antut.
Warum die Sammlung Friedrichshof die erste Wechselausstellung in den umgebauten Räumlichkeiten in Zurndorf im Nordburgenland dem US-amerikanischen Künstler Paul McCarthy gewidmet hat, erschließt sich recht unmittelbar. Die Videobilder zeigen ein wildes Treiben, ein blutbeschmiertes Chaos, in dem gesägt, sich besudelt, kannibalistisch an Fleischstücken geknabbert wird oder sich goldbeknöpfte Seemänner eine Schokoladendusche gönnen. Eine entmenschlichte Meute, Szenen, die Géricauls Floß der Medusa ähneln. Ohne Moral, Skrupel oder Würde, denkt man voller Abscheu, und ist damit der künstlerischen Intention bereits auf der Spur.
Die sogenannte "Uni-Ferkelei" (Kunst und Revolution, 1968) der Wiener Aktionisten erscheint im Vergleich wie ein harmloser Bubenstreich. Der Wiener Aktionismus ist für das Enfant Terrible der amerikanischen Kunstwelt tatsächlich eine wichtige Referenz. Bereits bei seinen ersten Aktionen in den 1970er-Jahren hat der heute 64-jährige Künstler deren Ideen radikal weitergeführt. In Class Fool von 1976 kotzt er sich (nonverbal!) in einem beschmierten Klassenzimmer aus, wälzt sich masturbierend im Faschierten, schiebt sich eine Barbiepuppe dorthin, wo es ganz dunkel ist, und verwendet bereits damals Ketchup, Mayonnaise und Schokolade, um sexualisierte Orgien der Gewalt zu inszenieren. Eine drastische, metaphorische Sprache, die er inzwischen filmisch mit Charakteren aus der Disney-Welt oder dem Weißen Haus besetzt und unversöhnlich gegen die bigotte Prüderie der USA richtet - gegen Kommerz, Konsum und amerikanische Außenpolitik.
Der Unangepasste werkte lange abseits des Kunstmarkts. Bis 1991 hatte er außer ein paar Zeichnungen keine Arbeit verkauft. Dann lud ihn der Chefkurator des Museum of Contemporary Art in L. A. ein, eine Arbeit für die Ausstellung Helter Skelter zu realisieren: McCarthys Durchbruch. Heute, zuletzt bei der Frieze, verkauft seine Zürcher Galerie Hauser & Wirth seine Collagen für 375.000 Dollar.
Die Ausstellung Carribean Pirates behandelt ein Thema, das McCarthy seit rund acht Jahren verfolgt. Sein Sohn Damon, der inzwischen viele Arbeiten mit dem Senior realisiert, habe ihm vorgeschlagen, sich mit der Disney Freizeitparkattraktion Pirates of the Caribbean zu beschäftigen, die es im Übrigen vor den Filmen mit Johnny Depp gab. Durch die Kulisse eines Bootes gelangt man dort zu einem von Piraten attackierten Dorf - die Männer werden gefoltert, die Frauen versteigert. "Das Thema ist das einer Invasion."
Und so ist schnell klar, dass McCarthys Freibeuter- und Piratenarbeiten, die parallel zum Irak-Konflikt entstanden, sich als Kommentar zu den aggressiven Gesten der Okkupation zu lesen sind. Die Videos der Ausstellung, hier ohne ihre Filmsettings präsentiert - zwei riesige Schiffskulissen -, variieren das Thema. Den Piraten sind nicht minder primitive Reiche gegenübergestellt. Dass der Höllenlärm des Getümmels auf die gesittete Präsentation zum Wiener Aktionismus übergreift - diese also Jack-Sparrow-mäßig entert -, hat einen Nebeneffekt: Es wirkt wie eine ordentliche Prise Pfeffer inmitten der bemerkenswerten, aber bereits historisierten, "abgehangenen" Rahmenware.
Der Kopf von George W.
Auch McCarthys Skulptur Pig Island basiert auf der Freizeitparkkulisse, in der die Piraten nach ihrem Raubzug betrunken zwischen Schweinen herumliegen. In den davon befruchteten Arbeiten McCarthys kommen sich Piraten und Tiere allerdings noch näher. Ein Pirat trägt den Kopf George W. Bushs. Eigentlich ein Zufall, räumt McCarthy ein. Bush sei zentraler Charakter einer anderen Arbeit gewesen. Den Kopf habe er einer der Figuren nur deswegen aufgesetzt, um sich über die Größenverhältnisse klar zu werden. Letztendlich blieb er dort. "Später machten wir eine Reihe von Bush-Köpfen, denn das Gesicht begann mich zu interessieren: Es ist so normal, so adrett, so jedermann."
Angesprochen auf den Umstand, dass seine Skulpturen noch immer als eklig oder obszön angesehen werden, entgegnet McCarthy weise: "Kunst ist immer die Repräsentation einer kulturellen Situation." (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 29. Oktober 2010)
"Nu
assis sur un divan (La Belle Romaine)" der Star des Auftakts der
Herbstsaison - Hohe Zuschläge auch für Gemälde von Matisse und Monet
Buchpräsentation am Mittwoch im Architekturzentrum Wien
80 KünstlerInnen gewähren an 18 Orten bis 13. November Einblicke in aktuelle Positionen der Foto-Kunst
Die Schau "Thorak...??" erinnert an den Monumentalplastiker mit den lukrativen Nazistaatsaufträgen
Brügge
positioniert sich mit dem Festival "Brügge Zentral" und den
Ausstellungen "Van Eyck bis Dürer" und "Blick auf Zentraleuropa" als
Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Ölgemälde aus 1911 wird auf bis zu sieben Millionen Euro geschätzt - Rund 80 weitere Werke österreichischer Künstler bei Versteigerung am 9. November
Technischer
Kunsthandel Kling: In Begleitung geheimnisvoller Raritäten absolvieren
die Spezialisten derzeit ihr drittes Messe-Gastspiel in Wien
Belebte Zeichnungen als Prozess der Reflexion: William Kentridge in der Albertina
Eine aktuelle Ausstellung zeigt die Vergangenheit der ehemaligen Austria Tabakwerke in Linz
Filmproduzent Simon-Whelan warf Warhol-Stiftung Verschwörungskampagne vor - Nun ist ihm das Geld ausgegangen
Im Vorfeld der Auktionen in New York macht ein Fälschungsskandal jetzt auch international die Runde
Wenig bekanntes Werk kam durch Privatkonkurs auf den Markt
Polizei stellte 130 vorgebliche Großmeister-Werke sicher und warnt
Sammlung Friedrichshof mit von Adolf Krischanitz neu gestalteten Räumen
Weitere Übernahme nach Harrods und Canary Wharf?
Mit großem finanziellen wie organisatorischen Aufwand wurde in der Türkei das Projekt "My City" realisiert
ILLUMInazioni / IL LUMInations
Die
Reflexion der Bedingungen von Sprache und Wirklichkeit steht im Zentrum
des konzeptuellen Werkes von Heinz Gappmayr (1925-2010)
Wachmann verhinderte Zerstörung
Handelsroute
einer Boiserie: aus einem Wiener Palais nach Böhmen, nach London und
Paris, später nach New York, jetzt auf Stippvisite in München
Für die Fotografin Elfie Semotan ist Schönheit keine Frage des Alters
Kuratorin: Schau "über ihn statt von ihm"
Der heimische Kunstmarkt laboriert an Überalterung - Das hat Gründe und auch Vorteile
Auszeichnung mit 55.000 Euro dotiert - Ausstellung "Heimo Zobernig_Dramadisplay" in der Kiesler Stiftung Wien
Noble
Zurückhaltung war an der Themse nicht das Thema: Neben der Frieze Art
Fair boten auch die Auktionshäuser Gelegenheit zum Shoppen
Familie Graf Henckel von Donnersmarck ließ sich Dauerleihgaben von Klassik Stiftung Weimar zurückgeben und verkaufte an heimischen Industriellen
Im Rahmen des Steirischen Herbsts setzt der Künstler Franz West sein "Autotheater" nun auch in Österreich in Szene
Otto-Breicha-Preis für Ilse Haider
Dem Realismus in Malerei und Fotografie widmet sich die Ausstellung "Hyper Real" im Wiener Museum moderner Kunst
In Marrakesch debütierte die erste Messe für Zeitgenössische Kunst
Den
Titel einer Telenovela zitierend, zeigt die Ausstellung "De frente al
sol" in der Galerie Martin Janda, wie vielfältig das zeitgenössische
Kunstschaffen in Lateinamerika ist
Zwei Gemälde des Museums wurden abgeschrieben
Am
Donnerstagebend eröffnet der österreichische Maler "Berge und
Landschaften": Zu sehen sind hunderte Monotypien aus den letzten beiden
Jahren
Gemälde in Buffalo: Weitere Expertisen gefragt
In der Galerie Krinzinger kann man Martin Walde über die Forscherschulter schauen
Die US-amerikanische Objektkünstlerin Judith Scott im Art/Brut Center Gugging
Touren und Workshops in 881 Einrichtungen
Die aktuelle Ausstellung des Nordico widmet sich der Geschichte der ehemaligen Tabakfabrik Linz, die 2009 stillgelegt wurde
"umfunktionieren lernen" in Emailfragen an Eduard Freudmann, Elke Gaugele, Utta Isop und Andreas Kemper - Aus der Zeitschrift der IG Bildende Kunst
Unter dem Titel "The Brazil Series" zeigt das Statens Museum For Kunst 40 neue Gemälde des Musikers
Die Kommentare von User und Userinnen geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen (siehe ausführliche Forenregeln), zu entfernen. Der/Die Benutzer/in kann diesfalls keine Ansprüche stellen. Weiters behält sich die derStandard.at GmbH vor, Schadenersatzansprüche geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.