Ornament ist oftmals Politik
ERNST P. STROBL Wien (SN). Theoretisch könnte man sich die rosa gemusterte Tapete zu Hause an die Wand picken, bei näherem Hinsehen lässt man lieber die Finger davon. Da werden Menschen gequält und gefoltert, das nette Muster bekommt einen anderen Sinn. Auch sonst ist nicht alles nett in der ab morgen, Mittwoch, zugänglichen Ausstellung des Belvedere in Wien, vieles erhält politische Bedeutung dort, wo man es wenig vermutet: in den Details der Ornamente.
Das Belvedere gilt mit seinen Beständen rund um „Wien um 1900“ als die Sammlungsstätte der ornamentalen Kunst, abgesehen davon, dass die Barockanlage ohnehin voller Behübschungen, Arabesken oder Stuck ist. Gustav Klimts „Wasserschlangen“, Stoffentwürfe von Josef Hoffmann und die „Nibelungen“-Illustration von Carl Otto Czeschka sind die einzigen Jugendstil-Exponate, der Rest der neuen Ausstellung in der Orangerie des Belvedere ist zeitgenössische Kunst aus aller Welt.
„Die Macht des Ornaments“, kuratiert von Sabine B. Vogel, füllt mit über 50 Exponaten den White Cube der Orangerie, der schmucklose Raum bildet den Rahmen für Malerei und Grafik, Fotografie, Installationen und Skulptur, die auf den ersten Blick zumeist dekorative Aufgaben erfüllen könnten.
Aus österreichischer Sicht dauerte es lang, bis die Kunst nach dem Verdikt von Adolf Loos 1908 in „Ornament und Verbrechen“ sich wieder der Bedeutung einer dekorativen Formensprache zuwandte. Im arabisch-islamischen Raum und in Fernost dagegen gehört das Ornament zur Kunst, das heißt, die Kunst ist Ornament.
In diesen Regionen wurde Sabine Vogel auch fündig, einige der Künstler sind allerdings längst im Westen oder den USA beheimatet. Die Grande Dame der persischen Kunst, Monir Shahroudy Farmanfarmaian, entzückt mit Spiegelmosaiken, Elemente aus Moscheen lassen sich auch in anderen Werken finden. Bekannt sind hier zu Lande längst die tätowierten Frauen von Shirin Neshat. Sahksi Gupta schuf ein faszinierendes Relief aus Wimpern und Federn.
Ein bisschen Op-Art, ein bisschen Psychedelic (Philip Taafe) verschönern die Schau, zu der auch Esther Stocker oder Brigitte Kowanz Beiträge geliefert haben. Bis 17. Mai.Internet: www.belvedere.at