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28.07.2006 - Kultur&Medien / Kommentare
Kunstlicht: Sturzflug in die Provinzialität
ALMUTH SPIEGLER

D
ass die Salzburger der forschen Ex-Direktorin ihres Moderne-Museums, Agnes Husslein, noch eine Träne nachweinen werden, glaube ich weniger denn je. Schließlich scheint sich mit dem stoischen Neo-Direktor Toni Stooss alles in die Richtung zu entwickeln, die hier gewünscht wird: "Ich werde das Haus in ruhigere Gewässer führen", kündigte er bei seinem Antritt an. Voilà, Auftrag erfüllt.

Beim Augenschein zu Festspielbeginn ist es fast leer im Rupertinum. Und wenn nicht der Gott-sei-bei-Uns des Boulevards, Christoph Schlingensief, am Mönchsberg sein Unwesen triebe - morgen wird die Mozart-Interpretation des Wagnerianers eröffnet -, rauschten hier vor allem die Blätter, so viele von ihnen hängen hier in der Festspiel-Schau.

Von wegen "Grands Spectacles" also. Die Salzburger können beruhigt schlafen. Dass sie sich mit ihrer stumpfen Ablehnung jeglicher kritischen Kunst auf steilem Sturzflug in die Provinzialität befinden, scheint ihnen reichlich egal.

Schlingensief, der hier in Restaurants angepöbelt wird, wie er verwundert erzählt, kommt so schnell wohl nicht wieder. Von den international renommierten Künstlern, die Max Hollein trotz massiven Widerstands im Zuge des Festivals "Kontracom" in die Stadt holte, wohl auch keiner. Applaus, ihr tapferen Volksstimmen!

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och Zynismus hilft am schwierigen Salzburger Pflaster - größter Aufreger dieses Sommers bisher: der befleckte gelbe Parade-Asphalt vor dem Festspielhaus - wenig.

Nächtlicher Aktionismus allerdings schon gar nicht, vor allem wenn er so perfide ist, wie er sich an der Salzach eingebürgert hat: Da bekämpfen lokale Künstler die Konkurrenz, indem sie deren Werke zerstören oder persiflieren: Etwa ein umgedrehtes Auto vor die Mozart-Statue legen, um die Intervention einer jungen italienischen Künstlerin lächerlich zu machen. Oder auf die Sessel der traurig misslungenen Mozart-Hommage Marina Abramovics, einst legendärer Performance-Star, nackerte Mozart-Gartenzwerge kleben.

Hier trifft grottenschlechte Guerilla- auf uninspirierte, groß-gesponserte Kunst. Ein entlarvendes Memento mori des in Salzburg dominierenden Kunstverständnisses.

almuth.spiegler@diepresse.com

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