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30.07.2003 - Ausstellung
Österreichischer Skulpturenpark: Harte Rosen, sanfte Siege
Der Kunst ihre Inszenierung: Wenige Kilometer von Graz entfernt liegt nun der erste "Österreichische Skulpturenpark".
VON ALMUTH SPIEGLER


Pechschwarz und knallhart weitet sich das Aluminiumblech zur unheilvollen Rose. Finster-romantisch erinnert Rudi Molaceks Pop-Blüte an die internationale Gartenschau 2000, der das Gelände beim Schwarzl Freizeitzentrum, sieben Kilometer von Graz entfernt, seine sanfte heutige Form verdankt.

In dem sieben Hektar großen Landschaftspark, den der 1998 verstorbene Architekt Dieter Kienast für die Gärtner aus aller Welt mit Hügeln, Wiesen und Zierteichen ausstattete, ist die Kunst eingezogen. Ohne Skandal, ohne medienträchtigen Ent- oder Verhüllungen. Vor einem Monat hat der erste "Österreichische Skulpturenpark" sein weites Tor geöffnet. 42 Installationen, Plastiken, Objekte von vorwiegend heimischen und einigen internationalen Künstlern haben hier effektvolle, liebevoll inszenierte Ruheplätze gefunden. Ein Teil des Bestandes sind Leihgaben von Museen und Künstlern. Mehr als die Hälfte der Exponate stammt aus dem Gelände rund um das Grazer Funkhaus. Hier hatte Emil Breisach, von 1967 bis 1988 Intendant des ORF-Landesstudios Steiermark, eine Sammlung zeitgenössischer Skulptur aufgebaut.

"Niemand hat sich mehr um die Sammlung meines Vaters gekümmert", erzählt Breisachs Sohn Nikolaus von den Umständen, die zum neuen Skulpturenpark und zur dazugehörigen Privatstiftung führten, deren Vorstandsvorsitzende er heute ist. Vorsehung oder glücklicher Zufall: Auch das ehemalige Gelände der Gartenschau harrte einer weiteren öffentlichen Nutzung.

Aus Mitteln der Landesregierung, der Porr AG, die das Schwarzl Freizeitzentrum betreibt, der Freunde der Neuen Galerie Graz sowie der Skulpturenpark Privatstiftung wurde zur Realisierung ein Stammkapital von zirka 1,4 Millionen Euro zusammengetragen. Dieser Grundstock ermöglicht auch das weitere Wachsen des privaten Freiluftmuseums. Bis Herbst sollen sich Werke von Bruno Gironcoli und Karl Prantl dazu gesellen.

Den jungen Steirer Markus Wilfling, der dem Grazer Uhrturm seinen Schatten aufgestellt hat, und Gustav Troger habe man zusätzlich mit Skulpturen beauftragen können, so Breisach. Langfristig sei am Gelände auch ein Gebäude geplant, damit auch Nicht-Wetterfestes gezeigt werden könne. Für die Auswahl steht der Privatstiftung ein internationaler Beirat zur Seite: Peter Weibel, Dirk Snauwaert (Institut d'Art Contemporain, Lyon) und Galerist Rudolf Schilcher.

Lokalaugenschein an einem bewölkten Sonntagvormittag: Einsam sitzt der junge Kassier unter einem Schirm mitten auf der Zufahrtsstraße zum Schwarzl Freizeitzentrum in Unterpremstätten. Sechs Euro kostet der Eintritt für Erwachsene in den frischen Skulpturen-Erlebnispark. Hilfreich steht am Eingang der Orientierungsplan zur Seite, dann ziehen die schmalen Schotterwege hinein zwischen die saftig grünen Grashügel, in den ersten Teil des Geländes, den "Berggarten".

Gleich zu Beginn grüßt der heute unvermeidliche Heimo Zobernig: Zehn Meter ragt seine namenlose Säule auf, wie aus Beton-Autoreifen zusammengesetzt. Sinnlicher Thomas Stimms "Terrainian Platform", ein Spielbrett mit gelben Feldern, roten Punkten. Rundum an den Flanken animiert ein Reim zum Hüpfen: "I can feel you - under my feet - terra my terry - planet so sweet".

Eher ein Ratespiel sind teilweise die Beschriftungen. Auf schwarzen Plastikpfeilen am Boden stehen Namen und Daten - nur, ihre Ausrichtung weist manchmal ins Leere. Die Bronze von Josef Pillhofer ist allerdings auch ohne Hilfe zu erkennen.

Spektakulär strandete Michael Schusters Beton-Motorboot auf einer der Graspyramiden. Gegenüber hat Michael Kienzer aus Kupferrohr eine Art Horst zusammengedreht. Lois Weinbergers spröde Steinmauer hält sich dagegen im Hintergrund. Überraschungen warten hinter jeder Biegung - ein Flanieren zwischen dem Who is Who der österreichischen Moderne und Avantgarde. Auch Erwin Wurms "Fat Car" darf nicht fehlen, dem aufgequollenen Alfa Romeo wurde gar eine eigene gläserne Garage gebaut.

Dann weicht die Landschaft einer klassischen Anlage, dem "Fasangarten": Boeckls "Atlantis" schwebt hier lasziv neben den gestutzten Lindenhecken, Molaceks Blechrose giert nach Regentropfen. Am toten Ende findet die Inszenierung einen Höhepunkt in Martin Waldes grausamer Großinstallation "Siamese Shadows". Kaminrot leuchtet ein ovales Becken aus der Wiese. Rundherum wippen meterhohe fragile Speerspitzen auf Spiralen. Ein nobler Sieg für die österreichische Skulptur.

Geöffnet: Juni, Juli, August 9 bis 20h30; April, Mai, September, Oktober 9 bis 19 Uhr.



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