text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
09. März 2005
14:08 MEZ
Links

bawag-foundation.at

whitecube.com

 
Foto: Bawag Foundation /Courtesy Jay Jopling/White Cube (London)
Cerith Wyn Evans
299792458m/s
(2004)

Zitatenreiches in der Bawag Foundation
"299.792,458 km/s", eine Schau mit Installationen des Walisers Cerith Wyn Evans

Wien - 299.792,458 Kilometer legt das Licht in der Sekunde zurück. Das erfährt man derzeit nachhaltig beim Betrachten einer Neon-Schrift-Installation des walisischen Künstlers Cerith Wyn Evans in der Bawag Foundation, wo die gleichnamige Ausstellung "299.792,458 km/s" mit weiteren Arbeiten am Mittwoch bei einer Pressekonferenz präsentiert wurde. Im Souterrain zeigt der ehemalige Mitarbeiter von Derek Jarman außerdem Fotos, die sein Vater als Amateurfotograf gemacht hatte (10.3. bis 7.5.).

"Alphaville", Velvet Underground, Adorno

"Eigentlich ist die Neonschrift ein Porträt der Schauspielerin Anna Karina", meinte Evans erklärend. Dennoch erhellte sich die Assoziationskette nicht wirklich, die ihren Anfang beim ursprünglichen Auftrag hatte, eine weiße Leuchtschrift für einen Berliner Nachtclub zu designen - als Statement "über die verborgenen Mysterien der Nacht", so Kuratorin Christine Kintisch. Irgendwie fiel Evans dazu Jean-Luc Godards Film "Alphaville" mit Anna Karina ein.

Evans Arbeitsmethode ist assoziativ, und in seinen Werken werden Zitate und alle möglichen Eindrücke verarbeitet, "so dass im Betrachter ein Gefühl der leichten Benachteiligung entsteht", zitierte Kintisch einen Evans-Kenner. Das sei vom Künstler wahrscheinlich durchaus gewollt, so Kintisch ergänzend. Eine nachvollziehbare Vermutung, die sich bei einem Blick auf und vor allem in die Installation "Inverse, Reverse, Perverse" erhärtete. Ein großer Konkavspiegel bietet dem Betrachter drei surreale Verzerrungen seines Spiegelbildes. Diese Arbeit soll assoziativ auf dem Song "The Gift" von Velvet Underground basieren.

"The Curves of the Needle" ist eine Diashow, und bezieht ihren Titel von einem Essay des Philosophen Theodor W. Adorno über Musik und Schallplatten aus dem Jahr 1927. Entstanden ist die Arbeit nach einer Einladung des Architekten Luis Barragan in sein Haus in Tacubaya, Mexico. Die Casa Barragan gehört heute zum Weltkulturerbe der Unesco, und 2003 kuratierte Hans Ulrich Obrist dort eine Ausstellung namens "The Air is Blue", für die neben anderen Künstlern auch Evans einen Beitrag gestalten sollte. "Ursprünglich waren 'Schuhe' sein Thema", so Kintisch. "Aber dann entdeckte er im Haus eine riesige Schallplattensammlung. Evans verlegte sich auf eine Art akustische Installation, und spielte im Haus ausgewählte Musikstücke ab.

"Audiovisuelle Meditation"

Für die Bawag Foundation verschränkte Evans das Tonmaterial, bestehend aus Musikstücken und Originaltonaufnahmen von Geräuschen aus der Casa Barragan, mit Fotos zu einer Diashow als "audiovisuelle Meditation" (Pressetext). "Wir haben eigentlich Fotos vom Haus erwartet", erzählte Kintisch. "Aber dann waren auch welche von der Stadt und von anderen Ländern wie aus England dabei. Sogar Bilder von der Hochzeitsreise seiner Eltern in die Schweiz".

Im Foyer der Bawag Foundation sendet ein blinkender Muranoleuchter Morsezeichen aus, die Texte von John Cage andeuten sollen. Evans: "Den habe ich von der First Class Lounge der Alitalia vom Mailänder Flughafen". Im Souterrain sind Fotos ausgestellt, die Evans Vater gemacht hatte. "Als Referenz an meinen im Vorjahr verstorbenen Vater", so Evans.

"... ein bisschen unartig sein"

Evans, 1958 geboren, zählt zu den profiliertesten Vertretern der britischen Kunstszene. Er arbeitete mit Derek Jarman zusammen und gestaltete Filme und Videos. Er unterrichtete auch, unter anderem vor ca. zehn Jahren an der damaligen Akademie für Angewandte Kunst in Wien. Mit Studenten machte er im Volksgarten eine Aktion, bei der die Namensschilder der Blumen untereinander vertauscht wurden.

"Wir wollten sprachliche Klassifikationsstrukturen und die Präsentation in Museen und Supermärkten untersuchen", so der Künstler. "Aber ehrlich gesagt auch ein bisschen unartig sein. Ich weiß gar nicht, ob das Ganze überhaupt jemandem aufgefallen ist". (APA)


© 2005 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.